Fledermausschutz an Windenergieanlagen – Aktueller Stand und Herausforderungen

Der aktuell geforderte beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien stellt Politik und Naturschutz vor schwerwiegende Entscheidungen. Biodiversitätsverlust und Erderwärmung sind zwei gleichrangige Krisen von großer ökologischer und gesellschaftlicher Bedeutung. Fledermäuse stehen als bedrohte und streng geschützte Artengruppe im Zentrum dieser Krisen. Dieser Vortrag fasst den aktuellen Wissensstand zum Konflikt zwischen Windenergieausbau und Fledermausschutz unter Würdigung der geänderten Gesetzeslage (Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes, Erneuerbare-Energie-Gesetz, Windenergie-an-Land-Gesetz) zusammen. Eine Einschränkung des Fledermausschutzes auf nationaler Ebene im Zusammenhang mit dem Ausbau der Windenergie würde den Schutzstatus der windkraftsensiblen Fledermausarten und somit deren Bestände gefährden. Der Individuenschutz an WEA ist weiterhin zwingend notwendig, um kollisionsgefährdete Arten wirksam zu schützen.

Fazit für die Praxis

  • Die Gleichrangigkeit von Biodiversitäts- und Klimakrise erfordert die Umsetzung einer ökologisch-nachhaltigen Energiewende.
  • Der Individuenschutz von Fledermäusen an Windenergieanlagen (WEA) ist zwingend notwendig und die positive Bestandsentwicklung von windkraftsensiblen Arten ist zu beachten.
  • WEA, die ohne aktive Betriebssteuerung zum Fledermausschutz arbeiten, können zu hohen Schlagopferzahlen führen. Die Implementierung entsprechender Betriebssteuerungen ist sowohl für neue als auch für alte WEA zwingend erforderlich.
  • Waldstandorte für WEA sollten gemieden werden, sofern es alternative Standorte im Offenland gibt. Zudem müssen Lebensraumverluste kompensiert werden, die durch den Bau und Betrieb von WEA in Wäldern aus einem Meidungsverhalten von Fledermäusen entstehen.
  • Ein Mindestabstand von 500m zwischen WEA und Quartierstandorten darf nicht unterschritten werden.
  • Die kumulative Schlagopferzahl von neuen WEA muss im Kontext zu Bestandsanlagen derselben Region betrachtet und entsprechend strikte Betriebssteuerungen umgesetzt werden. Vor allem bei der Betroffenheit von Arten mit negativer Bestandsentwicklung ist dies unerlässlich.
  • Die Zumutbarkeitsschwelle aus der BNatschG Novellierung muss hinsichtlich ihrer Passfähigkeit mit dem Unionsrecht juristisch überprüft werden.
  • Die zeitnahe Wirksamkeit von Artenhilfsprogrammen als Ausgleich für den aktuellen Schlag und Vergrämung von Fledermäusen an WEA wird hinterfragt.

Bezugsquelle: Naturschutz und Landschaftsplanung, Ausgabe 55 (03) | 2023, Seiten 30-35 https://www.nul-online.de/

Markus Melber, Uwe Hermanns & Christian C. Voigt et al., Fledermausschutz an Windenergieanlagen
DOI: 10.1399/NuL.2023.03.03

Erstautorenschaft: Markus Melber, Uwe Hermanns und Christian C. Voigt. Weitere Autoren (alphabetisch):
Lothar Bach, Hartmut Geiger, Christian Giese, Leo Grosche, Ingrid Kaipf, Cosima Lindemann, Falko Meyer, Volker Runkel und Antje Seebens-Hoyer