Abendsegler im Abwind – Artenschützer aus Europa in Sorge

Der Bundesverband für Fledermauskunde Deutschland e.V. (BVF), der Zusammenschluss von Vereinen, Verbänden und Privatpersonen, als Interessenvertretung der deutschlandweiten Fledermauskunde, lud am 27.11.201 zu einer Online-Veranstaltung zum Thema „Bestandsentwicklung des Großen Abendseglers“ ein. Über 200 Expert:innen aus dem wissenschaftlichen, behördlichen und ehrenamtlichen Umfeld aus Deutschland und Europa diskutierten die Gefährdung des Großen Abendseglers in Deutschland und in angrenzenden Ländern, da sich jüngst Berichte über Bestandsrückgänge mehrten.

Der Große Abendsegler, ist die Fledermausart, die in Deutschland am häufigsten durch Windenergieanlagen (WEA) zu Tode kommt. Pro Jahr werden nach Expertenschätzungen tausende Fledermäuse durch Windräder getötet. Große Abendsegler ziehen ähnlich wie Zugvögel im Frühjahr und Herbst durch Deutschland, so dass nicht nur einheimische Tiere zu Schlagopfern werden, wie Studien gezeigt haben. Vorwiegend Weibchen wandern gen Süden zur Paarung und Überwinterung. Es wurde von massiven Bestandseinbrüchen in den klassischen Überwinterungsgebieten in Südhessen über die letzten 20 Jahre berichtet.

Dr. Christian Voigt vom IZW in Berlin (Institut für Zoo und Wildtierforschung) konnte mit Untersuchungen und Berechnungen zeigen, dass durch die Klimaerwärmung eventuell das Wanderverhalten der Tiere beeinflusst wird. Er prognostiziert eine Verschiebung der Überwinterungsgebiete bis Ende 2100 von bis zu 500 km gen Nordosten. Auch aus Frankreich, Süddeutschland und Österreich wurden Rückgänge bei mehrjährigen Bestandsmonitoring festgestellt.

In Brandenburg – einem der Verbreitungsschwerpunkte der Art in Deutschland – waren die Bestandsentwicklungen insgesamt stabiler. Dieses grundsätzlich erfreuliche Ergebnis darf jedoch nicht über die Einbrüche des beobachteten Bestandes an den Verbreitungsgrenzen, hinwegtäuschen.

Die meisten Referenten konnten Bestandsrückgänge des Großen Abendseglers in den letzten Jahren zeigen und somit die Befürchtungen im Vorfeld der Tagung bestätigen. Sie führten als Gefährdungsursache immer wieder den Betrieb von Windenergieanlagen, aber auch die Zerstörung von Quartieren an Gebäuden z.B. im Rahmen von energetischen Sanierungen an.

Als wichtiger Ansatzpunkt zum Schutz der Fledermäuse wurde diskutiert, dass nach aktuellen wissenschaftlichen Erhebungen 75% aller in Deutschland vorhandenen Windräder derzeit ohne tierschonende Abschaltautomatik betrieben werden. Hier sehen Experten ein erhebliches Potential zum Schutz der Tiere. Aus wissenschaftlicher Sicht scheint der Betrieb von Windkraftanlagensicher nicht der alleinige Grund für die beobachteten Bestandsrückgänge dieser unter europaweiten Schutz stehen Fledermausart zu sein.

Weitere menschgemachte Einflüsse, wie der Rückgang von Nahrungsinsekten durch steigende Lichtimmission oder der Einsatz von chemischen Unkraut- und Insektenvernichtungsmitteln können die Populationen von Fledermäusen mit ihren niedrigen Reproduktionsraten massiv bedrohen und an den Rand des Aussterbens bringen. Fehlen diese wichtigen Tierarten dann im Ökosystem fehlen auch ihre Leistungen, die sie im Naturhaushalt erbringen, z.B. die Kontrolle von Schadinsekten in der Land- und Forstwirtschaft. Das Fehlen dieser Ökosystemdienstleistungen führt dann wiederum zu Kostensteigerungen in der Produktion und zu noch höherem Einsatz von Agrarchemie.

Zusammenfassend hat diese wichtige Zusammenkunft von Expert:innen den hohen Handlungsbedarf für den Artenschutz im Zeichen der Energiewende bekräftigt.

Der BVF nimmt sich seit Jahren dieser Aufgabe an und wird die Ergebnisse der Tagung zusammenfassen, sowie die resultierenden Empfehlungen zum naturverträglichen Betrieb von Windenergieanlagen der Politik und allen betroffenen Akteuren zur Verfügung stellen, um den Schutz des Großen Abendseglers als unverzichtbarer Mitspieler – und Art von besonderer nationaler Verantwortung der BRD – in europäischen Ökosystemen sicherzustellen. Arten- und Klimaschutz sind keine Gegensätze, sondern müssen im Sinne einer auch in Zukunft durch Artenvielfalt und Nachhaltigkeit geprägten Umwelt zusammen gedacht und umgesetzt werden.

Download: Pressemitteilung-Grosser-Abendsegler-im-Abwind.pdf