Fledermausschutz – Empfehlungen zur Kontrolle von Winterquartieren in Zeiten von Corona

Bitte verzichten Sie in diesem Winter auf Kontrollen!

Eine Übertragung von SARS-CoV-2 auf einheimische Fledermäuse ist zwar sehr unwahrscheinlich, allerdings bislang nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Nordamerikanische Forscher haben versucht die dort heimische „Große Braune Fledermaus“ (Eptesicus fuscus) experimentell mit SARS-CoV-2 unter Laborbedingungen zu infizieren und kamen zu dem Schluss, dass diese Art resistent gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 sei.1  In einer Studie des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) ist es aber gelungen, Flughunde mit dem Virus zu infizieren.2 Auch weitere wissenschaftliche Studien zeigen, dass Fledermäuse neben anderen Säugern anfällig für SARS-COV2 sein könnten.3,4,5 In diesem Zusammenhang sei auch auf die Mutationsfähigkeit des Virus verwiesen. Seien Sie sich auch darüber bewusst, dass Sie bereits ansteckend sein können, bevor sie selbst Symptome an sich feststellen.

Es muss daher unter allen Umstanden verhindert werden, dass eine Übertragung stattfinden und sich ein neues Reservoir von SARS-CoV-2 in Fledermäusen bilden kann. Die Folgen für den Bestand und Schutz europäischer Fledermäuse wären gravierend – dafür möchten Sie sicher nicht verantwortlich sein.

Hinterfragen Sie die tatsächliche Notwendigkeit und verzichten Sie bitte diesen Winter auf die üblichen Kontrollen der Quartiere.

Prüfen sie aber dennoch Zustand der Quartiere: Sind z. B. die Einflüge noch frei und Verschlüsse in Ordnung? Sind vor allem kleine Quartiere wie Bunker durch die geringen Niederschläge zu trocken?

Falls Begehungen dennoch unbedingt erforderlich sind, lassen Sie bitte höchste Vorsicht walten und treffen erweiterte Hygiene-Maßnahmen zum gegenseitigen Schutz und zum Schutz der Fledermäuse:

  • Tragen Sie Handschuhen und mindestens eine partikelfiltrierende FFP2-Maske als Mund-Nasenschutz
  • Betreten Sie das Quartier so kurz und mit so wenigen Personen wie möglich
  • Halten Sie den größtmöglichen Abstand zu den Tieren
  • Wer positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde oder Krankheitssymptome zeigt, darf keine Quartiere betreten!

 

Allgemeine Hinweise zur Kontrolle von Fledermaus-Winterquartieren

Um eine Störung der Fledermäuse während der kritischen Phase des Winterschlafes so gering wie möglich zu halten, müssen einige Richtlinien im Winterquartier befolgt werden:

  • Berühren Sie unter keinen Umständen winterschlafende Fledermäuse.
  • Reduzieren Sie die Beleuchtung und passen die Leistung der Lampen an die Entfernung der Tiere an.
  • Machen Sie so wenig Fotos wie möglich.
  • Vermeiden Sie Geräusche und verhalten sich leise (flüstern, nur einmal vorbeigehen).
  • Bleiben Sie so kurz wie möglich in der Nähe von Fledermäusen und im Allgemeinen im Winterquartier.
  • Atmen Sie nicht unter oder in Richtung von Fledermäusen aus, die sich in Ihrer Nähe befinden.
  • Gehen Sie mit so wenig Personen wie möglich, in Abhängigkeit der Größe, in das Quartier.

 

Bitte zusätzlich beachten:
Ausbreitung des „Salamanderfresser-Pilzes“, eine Gefährdung von Amphibien durch Winterquartierkontrollen?

Seit vielen Jahren fallen Amphibien in der ganzen Welt dem Chytridpilz Batrachochytridium dendrobatidis zum Opfer. Dieser Pilz, der aus den asiatischen Tropen stammt, befällt die Haut vor allem von Froschluchen, verstopft deren Poren und lässt die Hautatmer ersticken. Der neu entdeckte Chytridpilz stellt eine sehr ernst zu nehmende Bedrohung für Feuersalamander, Berg- und Teichmolche dar. Laborversuche hatten zuvor bereits ergeben, dass grundsätzlich alle europäischen Schwanzlurche infiziert werden können und dann innerhalb weniger Wochen sterben.

Auch bei den regelmäßigen Kontrollen der Fledermauswinterquartiere, die häufig in den Überwinterungslebensräumen der Feuersalamander stattfinden, können Sporen des Pilzes verbreitet werden. Zudem kann der direkte Kontakt mit Feuersalamandern zu einer Infektion der Tiere führen.

Daher sind auch Fledermausschützer gefragt, ihre Hygienestandards zu überdenken und das möglichste zu tun, eine weitere Verbreitung des Pilzes zu verlangsamen. Dazu hat die Universität Trier folgende Handlungsempfehlungen herausgegeben:

  • Bsal entwickelt auch widerstandsfähige Dauerstadien, so dass ein Durchtrocknen vermutlich nicht ausreicht. Eine sichere Maßnahme ist damit nach der gründlichen Reinigung (Bodenreste!) die Behandlung mit einem Pilzmittel wie Virkon S. Sowohl durch Bodenreste (z. B. im Profil von Schuhen) als auch durch Wasser/Feuchtigkeit (etwa an Geräten, Schuhen) kann der Pilz verbreitet werden.
  • Vor einem Wechsel zwischen zwei Gewässern (bzw. hier: zwischen zwei möglichen Überwinterungslebensräumen) immer die Stiefel/Wanderschuhe sowie Geräte (z. B. Kescher, Fallen) wechseln oder mit geeignetem Mittel (z. B. Virkon S) nach gründlicher Reinigung mit Wasser desinfizieren
  • Stiefel und Geräte immer nach Gebrauch mit Wasser gründlich reinigen und anschließend gut durchtrocknen lassen

Christian Giese
für den LFA Fledermausschutz NRW

Quellen:

1 (09.12.2020) Hall, Jeffrey S.; Susan Knowles, Sean W. Nashold, Hon S. Ip, Ariel E. Leon, Tonie Rocke, Saskia Keller, Mariano Carossino, Udeni Balasuriya, Erik Hofmeister (2020): Experimental challenge of a North American bat species, big brown bat (Eptesicus fuscus), with SARS‐CoV‐2. Transboundary and Emerging diseases (in press). URL: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/tbed.13949

2 Schlottau, K., M. Rissmann, A. Graaf, J. Schön, J. Sehl, C. Wylezich, D. Höper, T. C. Mettenleiter, A. Balkema-Buschmann, T. Harder, C. Grund, D. Hoffmann, A. Breithaupt, and M. Beer. 2020. SARS-CoV-2 in fruit bats, ferrets, pigs, and chickens: an experimental transmission study. The Lancet Microbe. S2666524720300896.

3 Damas, J., G. M. Hughes, K. C. Keough, C. A. Painter, N. S. Persky, M. Corbo, M. Hiller, K.-P. Koepfli, A. R. Pfenning, H. Zhao, D. P. Genereux, R. Swofford, K. S. Pollard, O. A. Ryder, M. T. Nweeia, K. Lindblad-Toh, E. C. Teeling, E. K. Karlsson, and H. A. Lewin. 2020. Broad host range of SARS-CoV-2 predicted by comparative and structural analysis of ACE2 in vertebrates. Proceedings of the National Academy of Sciences. 202010146.

4 Olival, K. J., P. M. Cryan, B. R. Amman, R. S. Baric, D. S. Blehert, C. E. Brook, C. H. Calisher, K. T. Castle, J. T. H. Coleman, P. Daszak, J. H. Epstein, H. Field, W. F. Frick, A. T. Gilbert, D. T. S. Hayman, H. S. Ip, W. B. Karesh, C. K. Johnson, R. C. Kading, T. Kingston, J. M. Lorch, I. H. Mendenhall, A. J. Peel, K. L. Phelps, R. K. Plowright, D. M. Reeder, J. D. Reichard, J. M. Sleeman, D. G. Streicker, J. S. Towner, and L.-F. Wang. 2020. Possibility for reverse zoonotic transmission of SARS-CoV-2 to free-ranging wildlife: A case study of bats. PLOS Pathogens. 16: e1008758.

5 Yan, H., H. Jiao, Q. Liu, Z. Zhang, X. Wang, M. Guo, B.-J. Wang, K. Lan, Y. Chen, and H. Zhao. 2020. Many Bat Species Are Not Potential Hosts of SARS-CoV and SARS-CoV-2: Evidence from ACE2 Receptor Usage. Ecology.

(16. Dezember 2020) Ist SARS-CoV-2 für Fledermäuse ansteckend? – Ein experimenteller Versuch eine nordamerikanische Fledermausart mit dem Virus zu infizieren ist gescheitert
https://www.deutsche-fledermauswarte.org/ist-sars-cov-2-fuer-fledermaeuse-ansteckend-ein-experimenteller-versuch-eine-nordamerikanischen-fledermausart-mit-dem-virus-zu-infizieren-ist-gescheitert

(20.04.2020) Handlungsempfehlungen für die Arbeit mit Fledermäusen in Zeiten von SARS-CoV-2
https://bvfledermaus.de/wp-content/uploads/2020/04/Handlungsempfehlungen_fuer_die_Arbeit_mit_Fledermaeusen_in_Zeiten_von_SARS-CoV-2.pdf

(06.02.2018) Gefährdung von Amphibien durch Winterquartierkontrollen?
https://www.fledermausschutz.de/2018/02/06/gefaehrdung-von-amphibien-durch-winterquartierkontrollen/

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