Zeitenwende im Artenschutz – Gesetzesänderung entgegen wissenschaftlicher Evidenz

Experten schlagen Alarm – der Artenschutz kommt bei den Gesetzesänderungen zum Ausbau der Windenergie deutlich zu kurz

Alarmierende Zahlen und dringende Appelle: Der Ausbau der Windenergie droht zum Albtraum für unsere geflügelten Freunde zu werden. Expertinnen und Experten schlagen Alarm und enthüllen verheerende Auswirkungen auf die Fledermauspopulationen, die die aktuellen Gesetzesänderungen mit sich bringen können. Während der Kampf gegen den Klimawandel an Fahrt gewinnt, gerät der Artenschutz immer mehr ins Hintertreffen. Doch es gibt Lösungen, und wir müssen handeln.

In einer Welt voller Umweltprobleme stehen der Klimawandel und das Artensterben ganz oben auf der Agenda – beiden Problemen sind wir uns bewusst. Doch leider gibt es oft Konflikte zwischen Maßnahmen zum Klimaschutz und dem Schutz der Artenvielfalt. Ein solches Beispiel ist der Ausbau der Windenergie, bei dem Vögel und Fledermäuse häufig zu Opfern werden. Unser Anliegen ist es daher, Lösungen zu finden, die den Schutz der Fledermäuse beim Ausbau der Windenergie gewährleisten. Wir sind überzeugt, dass eine Energiewende möglich ist, die den Artenschutz ernst nimmt und effektive Lösungen bietet.

In Deutschland kommen ca. 25 Fledermausarten vor, von denen einige, wie der Abendsegler oder die Rauhautfledermaus, besonders häufig Opfer von Windparks werden. Darüber hinaus werden viele weitere Arten durch den Ausbau von Windkraftanlagen im Wald in ihren Lebensräumen gestört, da ihre Quartiere und Jagdhabitate verschwinden.

Die jüngsten Gesetzesänderungen verschärfen das Problem weiter, indem sie den Ausbau der Windenergie auf Kosten der Natur erleichtern. In einer wissenschaftlichen Studie haben Fachleute der Deutschen Fledermauswarte sowie weitere Experten aus dem Bereich Windkraft und Artenschutz die aktuellen Gesetzesänderungen sowie wissenschaftliche Studien ausgewertet und Maßnahmen vorgeschlagen, um den Schaden für die Fledermauspopulationen zu begrenzen.

Besonders besorgniserregend aus Sicht des Artenschutzes ist, dass nun sogar Landschaftsschutzgebiete für den Bau neuer Windparks herangezogen werden, ohne dass Artenschutzgutachten erforderlich sind. Dies bedeutet, dass die Standorte für Windkraftanlagen nicht mehr im Voraus auf das Vorkommen von Fledermäusen (oder Vögeln) überprüft werden sollen, wie es seit Jahrzehnten üblich ist. Dies ist insbesondere alarmierend, da jährlich etwa eine Viertel Million Fledermäuse getötet werden, weil viele Anlagen noch keine Abschaltzeiten haben oder die bestehenden Abschaltzeiten von den Behörden nicht kontrolliert werden.

In unserer Studie fassen wir die wichtigsten Konflikte zwischen Windparks und Fledermäusen in Deutschland zusammen und schlagen konstruktive Lösungen vor. Wir fordern unter anderem ausreichende Abschaltzeiten an allen Windenergieanlagen sowie eine Begrenzung der akzeptierten Verluste von Fledermäusen auf weniger als ein Individuum pro Jahr und Anlage. Außerdem plädieren wir dafür, Wälder und Landschaftsschutzgebiete von Windenergieanlagen freizuhalten und Mindestabstände zu Schutzgebieten und Quartieren einzuhalten.

Als Expertenkollektiv wissen wir, dass Klimaschutz wichtig ist und wir betonen, dass wir den Einsatz erneuerbarer Energien unterstützen. Doch wir können nicht akzeptieren, dass dies weiterhin auf Kosten der Natur geschieht, die bereits unter zahlreichen anderen Bedrohungen leidet. Wir fordern daher eine artenschutzfreundliche Energiewende, die auch die Bedürfnisse der Fledermäuse und anderer Tiere berücksichtigt und ihre Lebensräume schützt.

Pressemitteilung „Deutsche Fledermauswarte

 

Download Expertenpapier: Mathgen, X., Fritzsche, A., Arnold, A., Bach, L., Gager, Y., Harder, J., Knörnschild, M., Meyer, F., Porschien, B., Seebens-Hoyer, A., Starik, N., Straka, T., Fritze, M. (2024): Zeitenwende im Artenschutz – Aktuelle Gesetzesänderung versus wissenschaftliche Evidenzen beim Fledermausschutz und dem Ausbau der Windenergienutzung. Nyctalus 20 (3-4), S. 182-202. Expertenpapier frei zum Download

30. Jahrestagung des LFA Fledermausschutz NRW

Das 30. Jahrestreffen des LFA Fledermausschutz wird am Samstag, den 16.11.2024 im Kulturzentrum Schloß Borbeck, Schlossplatz 1, 45355 Essen (Achtung, externer Link auf Google Maps) stattfinden und wird wie üblich um 10:00 Uhr beginnen. Die Tagung wird vom NABU Ruhr e.V. organisiert.

Diese Tagung ist keineswegs nur für Experten bestimmt. Gerade auch Neulinge im Fledermausschutz werden viele interessante Dinge erfahren. Selbstverständlich ist die Teilnahme an der Tagung – wie in jedem Jahr – kostenlos.

Wir möchten Sie bitten, sich rege an der Tagung zu beteiligen und auch das Programm abwechslungsreich mit zu gestalten. Möglichkeiten für Posterpräsentationen sind vor Ort gegeben. Vorträge und auch Posterbeiträge bitte bei Christian Giese Tel. 02872 / 981688 oder per Mail giese@fledermausschutz.de anmelden. Vor Ort steht ein Beamer mit Laptop zur Verfügung.

 

 

Vorläufiger Programmablauf:

  1. Die kleine Vergessene: Nordfledermaus im Sauerland: „…wir machen durch fürs Nordlicht!“ – ein Projekt (LFA Fledermausschutz NRW & Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Sauerland e. V.)

  2. Frei nach Vicco von Bülow: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos“ – Quartiernetzwerk für die Mopsfledermaus im Münsterland (LFA Fledermausschutz NRW)

30. Tagung 2024 LFA Fledermausschutz NRW

ZeitVortrag
10:00 UhrDr. Carsten Trappmann (LFA):
Eröffnung der Tagung und Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
10:15 Uhr
10:45 Uhr
11:15 UhrKaffeepause
11:45 Uhr
12:15 Uhr
12:45 UhrGruppenfoto und anschließend Mittagspause - Zeit zum Austausch
14:15 Uhr
14:45 Uhr
15:15 Uhr
15:45 UhrKaffeepause
16:15 Uhr
16:45 Uhr
17:15 Uhr
17:45 UhrVerschiedenes und Ende der Tagung

  • Christian Giese (LFA): Ankündigung der 31. Tagung des LFA Fledermausschutz NRW


Poster:

 


Tagungsanmeldung

Die Anmeldung zur Tagung wird im Laufe des September 2024 freigeschaltet.


Corona

Zurzeit gibt es bezüglich unserer Tagung keine Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus. Dennoch setzen wir auf Ihre Eigenverantwortung. Hierzu sollen die allgemeinen Verhaltensregeln zu Abstand, Hygiene und Masken (sogenannte AHA-Regeln) in allen Lebensbereichen angemessen eigenverantwortlich und solidarisch beachtet werden. Link: Aktuelle Coronaschutzverordnung des Landes NRW

 

 

Winterschwärmen von Zwerg- und Mückenfledermäusen

Erfassungsmethoden bei Abbruch und Sanierung von Gebäuden im Winter.

Als Winterquartiere kommen Gebäude jeder Größe, jeden Alters und jeder Bauart in Frage, ebenso Ruinen, Brücken und ähnliche Bauwerke, Felsen und unterirdische Quartiere. Diese sind meist schwer zugänglich, schlecht einsehbar und daher kaum zu kontrollieren. Oft werden Gebäude in den Wintermonaten abgerissen oder saniert, eine mögliche Nutzung als Winterquartier wird selten berücksichtigt. Es besteht die Gefahr, dass (Massen)winterquartierezerstört und lokale oder sogar überregionale Populationen der Zwerg- und Mückenfledermaus vernichtet werden.

Es gibt scheinbar kaum Methoden, durch die mit vertretbarem Aufwand Winterquartiere einzelner oder Massen von Zwergfledermäusen mit hoher Sicherheit nachgewiesen oder ausgeschlossen werden können.

Es ist wichtig, dass Gutachterinnen und Gutachter die richtigen Methoden anwenden, um überwinternde Zwerg- und Mückenfledermäuse nachzuweisen.

Lesen Sie mehr…

 

Antworten zum 1.500 Meter Gesetz: Nisthilfen für kollisionsgefährdete Fledermausarten

Die am 29.07.2022 in Kraft getretene Änderung des Bundesnaturschutzgesetz, speziell das „Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz -BNatSchG) mit dem § 45b Betrieb von Windenergieanlagen an Land“ sorgt für erhebliche Unsicherheiten und Verwirrungen bei Naturschützenden und Naturschutzbehörden.

Da bei uns im Landesfachausschuss Fledermausschutz NRW viele Fragen aufgelaufen sind haben wir bei Josef Tumbrinck, dem Sonderbeauftragten für das Nationale Artenhilfsprogramm im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) nachgefragt.

Lesen Sie hier den Beitrag: Fragen zu § 45b Betrieb von Windenergieanlagen an Land

 

Fledermausaktivität korreliert mit wandernden Insekten

Hochgelegene Gebirgspässe in den Pyrenäen sind als wichtige Hotspots für herbstlich wandernde Insekten aus weiten Teilen Nordeuropas bekannt. Die bisherige Forschung in den Pyrenäen konzentrierte sich auf tagaktive wandernde Insekten. In dieser Studie untersuchen wir die nächtliche Komponente der wandernden Insekten und fragen, ob diese vorübergehende Nahrungsquelle auch von Fledermausarten genutzt wird.

In drei Jahren wurden 66 Insektenarten aus vier verschiedenen Ordnungen gefangen, von denen 90 % Eulenfalter waren, darunter auch die Schädliche Maiseule Helicoverpa armigera, auch bekannt als Baumwollkapselwurm.

Akustische Fledermausdetektoren zeigten, dass die hohe Aktivität von Fledermäusen der Gattungen Abendsegler Nyctalus spp. und Bulldoggfledermäuse Tadarida teniotis eng mit der Ankunft der wandernden Motten synchronisiert war, was darauf hindeutet, dass diese Nahrungsquelle sowohl für die ansässigen als auch für die wandernden Fledermäuse wichtig ist, um Energiereserven zu bilden oder zu erhalten.

Fledermäuse der Gattung Abendsegler Nyctalus ziehen wahrscheinlich durch das Untersuchungsgebiet und nutzen dabei die Fly-and-Forage-Strategie (Jagen während des Zugs) oder legen einen Zwischenstopp ein, während die ansässige Bulldoggfledermäuse die reichhaltige Nahrungsquelle nutzen könnte, um Fettreserven für den Winterschlaf anzulegen.

Diese Studie zeigt, dass nachtaktive, wandernde Insekten im Herbst in den Pyrenäen reichlich vorhanden sind und während der Wanderung nicht nur mit den mitwandernden Fledermäusen, sondern auch mit den ansässigen Fledermausarten interagieren.

 

Quelle:
„Bat activity correlated with migratory insect bioflows in the Pyrenees“
Will L. Hawkes, Kelsey Davies, Scarlett Weston, Kelly Moyes, Jason W. Chapman and Karl R. Wotton
Published:16 August 2023 https://doi.org/10.1098/rsos.230151

https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsos.230151

 

Standpunkt: Aufnahme und Betreuung von Fledermaus-Pfleglingen

Zweck und Grenzen der ehrenamtlichen Pflege von Fledermäusen

Fledermäuse erfahren in der Öffentlichkeit erfreulicherweise eine zunehmend wohlwollende Aufmerksamkeit. Dadurch wächst auch die Bereitschaft, sich hilfloser oder verletzter Fundtiere anzunehmen, um sie in geeignete Hände zu vermitteln oder selbst zu pflegen. Bei der Versorgung gehaltener Wildtiere ist die Erfüllung ihrer Bedürfnisse regelmäßig eine Herausforderung. Sie setzt neben Empathie grundsätzlich auch spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten voraus. Im Besonderen gilt das bei hoch spezialisierten Arten wie Fledermäusen. Denn obwohl hilfsbedürftige Individuen mit dem Anspruch aufgenommen werden, ihnen zu helfen, können Fehler und falsch verstandene Tierliebe das genaue Gegenteil bewirken. Der folgende Verbändestandpunkt soll Zweck und Grenzen der ehrenamtlichen Pflege von Fledermäusen aufzeigen.

Hintergrund

Einheimische Fledermäuse sind als Wildtiere Teil eines äußerst komplexen ökologischen Beziehungsnetzes. Im Rahmen dessen wirken unter anderem auch Parasiten, Krankheiten und Tod natürlicherweise auf Bestandsgröße und Bestandsentwicklung einer jeden Spezies ein.

Die natürliche Auslese, aufgrund derer insbesondere der Fortpflanzungserfolg eines Individuums ermöglicht bzw. eingeschränkt wird, ist als wesentlicher Prozess der Evolution für Anpassungs- und Entwicklungsprozesse aller Tier und Pflanzenarten unentbehrlich. Diese komplexen Zusammenhänge sind kaum zu überblicken und zumeist weitgehend unverstanden. Ein direktes steuerndes menschliches Eingreifen kann dabei nur in sehr begrenztem Maße und in definierten Sachverhalten sinnvoll bzw. erfolgreich sein.

Die Versorgung und Rehabilitation von Fledermaus- Individuen, die ohne menschliche Hilfe nicht überleben würden, hat in der Regel keinen spürbaren Einfluss auf die Population. Bei der menschlichen Unterstützung hilfloser Individuen handelt es sich in erster Linie, ob nun bewusst oder unbewusst, um aus Empathie begründeten Tierschutz, weniger um echten Artenschutz. Der Schutz von Quartieren und Jagdgebieten haben einen wesentlich höheren und bedeutsameren Einfluss auf Fledermauspopulationen.

Die Aufnahme von aufgefundenen verletzten, verirrten oder hilflosen Individuen wildlebender Tiere aus der Natur ist ein sehr emotionales Thema.

Bei jeder Pflege solcher Tiere müssen hohe Tierschutzstandards angelegt werden. Oberstes Ziel aller Maßnahmen und Hilfen muss die Vermeidung von Schmerzen, Lei-den und Schäden sein. Dies gilt auch insbesondere für solche Schmerzen, Leiden und Schäden, die durch die Haltung oder Pflegemaßnahmen verursacht werden können. Eine Vergrößerung des Tierleids durch gut gemeinte, aber fachlich nicht begründete Maßnahmen ist abzulehnen und nicht rechtskonform.

Lesen Sie hier das vollständige Papier: NABU_BVF_Verbaendepapier-zur-Fledermauspflege (Download PDF)

Von Uwe Hermanns, Ingrid Kaipf, Martin Straube, Petra Gatz, Holger Reimers, Sebastian Kolberg, Florian Gloza-Rausch, Robert Pfeifle

 

 

Erhöhte Jagdaktivität von Fledermäusen an verschmutzten Bächen

Bäche und ihre Uferbereiche sind wichtige Lebensräume und Nahrungsgebiete für Fledermäuse, die sich von Wasserinsekten ernähren. Es ist erwiesen, dass chemische Schadstoffe, die aus landwirtschaftlichen Flächen und Abwässern in Süßwasserflüsse gelangen, das Vorkommen von Wasserinsekten verändern, doch ist wenig darüber bekannt, wie sich dies auf insektenfressende Fledermäuse in Uferbereichen auswirkt.

In dieser Studie untersuchen wir die Beziehungen zwischen dem Vorhandensein von Abwasser, der Toxizität von Pestiziden im Fluss, der Anzahl der  Wasserinsekten und der Aktivität und dem Jagdverhalten von Fledermäusen an 14 Bächen im Südwesten Deutschlands.

Die Fließgewässer befanden sich in Auwäldern, die vor der direkten Belastung durch Schadstoffe aus landwirtschaftlichen und städtischen Gebieten geschützt waren. Wir konzentrierten uns auf drei Fledermausarten, die mit Auwäldern assoziiert sind: Myotis daubentonii, M. cf. brandtii und Pipistrellus pipistrellus. Wir stellten fest, dass Bäche mit höherer Pestizidtoxizität und häufigerem Auftreten von Abwässern tendenziell auch wärmer sind und höhere Nährstoff- und niedrigere Sauerstoffkonzentrationen aufweisen.

Wir konnten keine Verringerung des Insektenaufkommens, der Fledermausaktivität oder der Jagdrate in Verbindung mit der Pestizidtoxizität und den Abwasserfunden feststellen. Stattdessen waren die Aktivität und die Jagdrate von Myotis spp. an stärker verschmutzten Standorten höher. Die beobachtete Zunahme der Fledermausjagd an stärker verschmutzten Bächen deutet darauf hin, dass die Fledermäuse nicht durch eine geringere Verfügbarkeit von Beutetieren, sondern durch eine chemische Verschmutzung in den in der vorliegenden Studie gemessenen Konzentrationen den Schadstoffen ausgesetzt sein könnten, die durch Wasserinsekten aus dem Bach transportiert werden.

  • Die Wasserqualität kann sich negativ auf insektenfressende Fledermäuse auswirken, die in Uferzonen jagen.
  • Wir haben 77 Pestizide und 4 Abwasserindikatoren in 14 bewaldeten Bächen gemessen.
  • Die Abundanz der auftauchenden Insektenbeute wurde durch die Verschmutzung der Bäche nicht verringert.
  • Die Jagdrate und Aktivität von Myotis-Fledermäusen war an stärker verschmutzten Bächen am höchsten.
  • Fledermäuse können durch den Verzehr verunreinigter Beutetiere den Schadstoffen der Bäche ausgesetzt sein.

 

Quelle:
Maike Huszarik, Alexis P. Roodt, Teagan Wernicke, Fernanda Chávez, Annika Metz, Moritz Link, Eva Lima-Fernandes, Ralf Schulz, Martin H. Entling,
„Increased bat hunting at polluted streams suggests chemical exposure rather than prey shortage“
Science of The Total Environment, Volume 905,2023,167080, ISSN 0048-9697,

https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2023.167080

Wo überwintern Breitflügelfledermäuse?

Die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) ist eine der größeren Fledermausarten in den Niederlanden, die sich fast ausschließlich in Gebäuden aufhält. Im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Fledermausarten werden Breitflügelfledermäuse nur selten während im Winter gefunden, so dass für die Niederlande keine zuverlässigen Beobachtungsdaten vorliegen. Dennoch ist diese Art im Rückgang begriffen, was möglicherweise auf die mangelnden Kenntnisse über die Winterökologie der Art zurückzuführen ist: Es ist weitgehend unbekannt, wo Breitflügelfledermäuse überwintern und wie ihre Überwinterungsquartiere beschaffen sind. Um diese Wissenslücke zu schließen, wurde zwischen September 2020 und Juli 2021 im nördlichen Limburg (Niederlande) eine Radio-Tracking-Studie durchgeführt.

Insgesamt wurden 20 Individuen aus einem Wochenstubenquartier in der Sint-Matthias-Kirche in Castenray mit Netzen gefangen und mit einem Lotek NTQB-4-2S Funkhalsband markiert. Anschließend wurde in der Umgebung nach Breitflügelfledermäusen gesucht, und zwar durchschnittlich einmal pro Woche. Dabei wurden 20 Winterquartiere von insgesamt 17 Individuen gefunden. Im Durchschnitt wurden zwei bis drei „Zwischenquartiere“ genutzt, die möglicherweise für die Fortpflanzung wichtig sind. Die Gebäude- und Winterquartiermerkmale wurden während des Zeitraums der längsten Inaktivität (d. h. keine Bewegung zu einem anderen Schlafplatz) erfasst.

Die Winterquartiere befanden sich ausschließlich in Gebäuden in einer durchschnittlichen Entfernung von 3,9 km (Spanne 0-8,8 km) zum Wochenstubenquartier, wo die Tiere höchstwahrscheinlich einzeln überwinterten. Bei 45 % der Gebäude mit Winterschlafplätzen handelte es sich um Doppelhaushälften, 40 % um Einfamilienhäuser, 10 % um Schuppen und 5 % um eine Kirche.

Breitflügelfledermäuse überwinterten überwiegend (80 %) in Hohlwänden (hauptsächlich in < 2 m Höhe über dem Boden), und 20 % verbrachten den Winter unter einem Dachraum, oder der genaue Aufenthaltsort war unklar. Die meisten Winterquartiere befanden sich in ungedämmten Hohlwänden, aber wenn eine Dämmung vorhanden war, handelte es sich um eine Dämmung, die beim Bau angebracht wurde. Im Gegensatz zu Hohlwänden, die nachträglich gedämmt werden, bieten solche Wände immer einen „freien“ Raum von mehreren Zentimetern.

Gebäude mit Winterquartieren befanden sich hauptsächlich in den Dorfzentren (55 %), in den Randgebieten der Dörfer (35 %) und in ländlichen Gebieten (10 %). Die meisten Gebäude waren zwischen 1950 und 2000 (65 %), vor 1950 (25 %) oder nach 2000 (10 %) errichtet worden. Es wurde festgestellt, dass sich die Winterquartiere häufig in Hohlräumen der Giebelwände der Gebäude befanden, möglicherweise weil diese Quartiere über überhängende Dachziegel zugänglich waren.

Auf der Grundlage dieser Studie kann der Schluss gezogen werden, dass Breitflügelfledermäuse für die Überwinterung auf Gebäude (insbesondere solche mit offenen Hohlwänden) angewiesen sind, zumindest in den Niederlanden und damit wahrscheinlich in ganz Nordwesteuropa. Räumliche Eingriffe wie die Wärmedämmung von Hohlwänden als Teil von anstehenden und groß angelegten Maßnahmen zur energetischen Sanierung, insbesondere wenn sie im Winter durchgeführt werden, stellen daher eine große Gefahr für den Fortbestand der Population von Breitflügelfledermäusen dar.

Quelle: 
Verhees, Joris & Hoof, Paul & Lemmers, Pim & Hoogerwerf, Gert & Molenaar, Thijs & Janssen, René & Jeucken, Jan (2023). Waar overwinteren Laatvliegers (Eptesicus serotinus)? Zenderonderzoek naar winterverblijfplaatsen en karakteristieken. 112. 119-126.

Link zur Studie: https://www.researchgate.net/

Fledermauskot zum Nachweis von Pestiziden gesucht

Sehr geehrte Fledermausforscher/innen,
Wir möchten Sie dazu einladen unsere Studie zur Untersuchung von Fledermäusen auf Pestizidbelastung zu unterstützen. Die Studie wird durchgeführt an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) Kaiserslautern-Landau am Standort Landau.

Wir besitzen eine mehrjährige Erfahrung in der Analyse von Umweltproben und haben in der jüngeren Vergangenheit in Projekten zu Umweltbelastungen mitgewirkt, in denen Insekten, Boden, Wasser, Vegetation u.a. in unserem Labor untersucht wurden. Derzeit widmen wir uns dem Nachweis von Pestiziden in Fledermäusen, vor allem im Fledermauskot. Für die Analyse von Kotproben wenden wir eine Analysemethode an, die einen Nachweis von rund 100 Pestiziden ermöglicht. Für die Entwicklung der Analysemethode verwenden wir Kotproben, die frei von Pestiziden sind.

In der praktischen Anwendung sind wir jedoch auf reale Kotproben angewiesen, die aus dem Freiland stammen. Wenn Sie schon immer wissen wollten, mit welchen Pestiziden die Fledermäuse in Kontakt kommen, wäre dies die perfekte Gelegenheit diesen Belastungsstatus zu erfahren. Wir möchten Sie hiermit um Unterstützung und die Zusendung von Kotproben bitten. Weiter unten finden Sie eine Kurzanleitung für die Probenahme von Kotproben. Wenden Sie sich bei weiteren Fragen oder Anregungen an den Koordinator für Fledermausproben Herrn Wolfgang Rackow.

Herzliche Grüße
Nikita Bakanov (RPTU)

 

Kurzanleitung für die Probenahme von Fledermauskotproben

1. Auswahl der Wochenstuben oder Männchenquartiere
(Gesamtzahl ca. 20 Stellen also wer zuerst versendet ist dabei, evtl. geht es 2024 weiter)
In unserer Studie gehen wir der Frage nach, wie stark die Nahrung von Fledermäusen mit Pestiziden belastet ist, die vorwiegend aus der Landwirtschaft stammen. Deshalb sind wir an Kotproben von Fledermäusen interessiert, die über landwirtschaftlichen Flächen jagen. Also keine überwiegend im Wald jagenden Arten. Ein überwiegender Anteil an landwirtschaftlicher Nutzung (Weinbau, Raps, Weizen, Gemüse, u.a.) ist somit von Vorteil. Ebenfalls von großem Interesse sind Fledermausarten, die über Bächen nach Insekten jagen. Es geht hierbei um Fledermausarten wie z.B. Wasserfledermäuse (Myotis daubentonii), Teichfledermäuse (Myotis dasycneme), Brandtfledermäuse (Myotis brandti), Zwergfledermäuse (Pipistrellus pipistrellus), Rauhhautfledermäuse (Pipistrellus nathusii) usw.

2. Probenmenge
Nehmen Sie für die Kotprobe (nach Möglichkeit so frisch wie möglich) eine kleine Tüte mit Zip-Verschluss, die sich luftdicht verschließen lässt; legen Sie in die Tüte bis zu zwei Esslöffel voll an Kotprobe. Falls Sie mehrere Wochenstuben beproben, verwenden Sie stets eine neue Tüte. Versenden Sie nach der Beprobung die Tüten im Standardbrief an:
Wolfgang Rackow, Schneiderteichweg 58, 37520 Osterode am Harz.

3. Position der Wochenstube
Notieren Sie die Koordinaten des Quartieres aus der Sie die Kotprobe entnommen haben.
Die Koordinaten lassen sich im Programm Google Maps in Ihrem Smartphone anzeigen, wenn Sie die Position der Wochenstube auf der Karte anklicken, erscheinen die Koordinaten in der obersten Eingabezeile (Beispiel: 49.151117,7.788132). Bitte auch die Fledermausart (wenn bekannt) und die Kontaktdaten notieren. Wenn möglich jetzt im August noch eine Probe und in ca. 4 Wochen noch eine Probe, evtl. benötigen wir noch Proben im nächsten Jahr.

Diese Anfrage kann gerne an weitere Personen weitergegeben werden. Ein herzlicher Dank im vor raus für die Unterstützung, die Ergebnisse bekommt Ihr nach Auswertung mitgeteilt.

Abgabeschluss der diesjährigen Proben ist Mitte Oktober 2023

Download: Pestizid-Untersuchung-Bakanov1 (PDF)

Seminar: Analyse von Fledermaushaaren aus Kot und Mulm

Fledermäuse wechseln ihre Quartiere häufig, so dass sie nur selten in Quartieren angetroffen werden. Oftmals lassen sich Fledermausquartiere aber anhand der Hinterlassenschaften (Kotpillen) nachweisen. Diese Kotkrümel können aufgrund des Auffindeortes, der Größe und Färbung Fledermausgruppen zugeordnet werden. Eine weitere Bestimmung bis hin zur Art erfordert jedoch meist die feinere Analyse der Kotpille.

Hierbei werden die unverdaulichen Reste der Beute (Insekten und Spinnen) sowie die beim Putzen verschluckten Haare betrachtet. Im Rahmen des Seminars werden aus gesammelten Kotpillen Haare extrahiert und diese lichtmikroskopisch bestimmt. Außerdem werden auch Mulmproben aus Baumhöhlen auf Fledermaushaare untersucht.

Das Seminar richtet sich an Interessierte aus dem ehrenamtlichen und amtlichen Naturschutz.

 

Freitag 19.01.2024 bis Sonntag 21.01.2024
Biologiezentrum Gut Bustedt, Hiddenhausen, Kreis Herford

Tagungskosten: 155,00 €
Die Tagungsgebühr beinhaltet Getränke, vegetarisches Abendessen (Fr., Sa.), Frühstück (Sa., So.), Mittagessen (Sa.) und Übernachtungskosten.
Bettwäsche und Handtücher sind mitzubringen (Bettwäsche kann auch gegen Gebühr entliehen werden).

Anmeldung:
Martin Starrach
Tel.: 05221-31022
E-Mail: biotopkartierung@arcor.de

Download: Programm (PDF)

 

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