Turkestan-Langohr wiederentdeckt

Einem internationalen Forscherteam aus Deutschland, Usbekistan und Turkmenistan unter Federführung des Museums für Naturkunde Berlin gelang der Wiederfund einer seit 55 Jahren verschollenen Fledermausart, von der erstmals Foto- und Videoaufnahmen gemacht werden konnten. Ziel ist nun die umfassende Erforschung der evolutionären Entwicklung der zentralasiatischen Fledermausfauna. Den Wiederfund des Turkestan-Langohrs nimmt die turkmenische Regierung zum Anlass, ein großes Schutzgebiet zu planen, von dem viele weitere Tier- und Pflanzenarten profitieren.

Erstmals lebend fotografiert: Ein seit Jahrzehnten verschollenes Turkestan-Langohr Plecotus turkmenicus bei seiner Wiederentdeckung. Foto: Christian Dietz.

Erstmals lebend fotografiert: Ein seit Jahrzehnten verschollenes Turkestan-Langohr Plecotus turkmenicus bei seiner Wiederentdeckung. Foto: Christian Dietz.

Das nur aus wenigen Sammlungsbelegen in russischen Museen bekannte Turkestan-Langohr (Plecotus turkmenicus) wurde zuletzt 1970 beobachtet.

Fotos oder eine verlässliche Beschreibung lebender Tiere gab es bisher nicht. Im Zuge der systematischen Überprüfung der turkmenischen Fledermausfauna zur Aktualisierung der Roten Liste erhielt die Art aufgrund des geringen Kenntnisstandes höchste Priorität. Als endemische Art der Karakum-Wüste in den Grenzregionen von Turkmenistan, Kasachstan und Usbekistan bestand die Sorge, dass sie sehr selten oder gar ausgestorben ist.

Im Oktober dieses Jahres wurde die Fledermaus daher zum Ziel einer internationalen Forschungsexpedition. Dabei wurden die historischen Fundpunkte und andere geeignete Stellen in der Karakum-Wüste aufgesucht. Zunächst wurde ein junges Weibchen des Turkestan-Langohrs in einer Abrisskluft gefunden. An einer 87 Kilometer entfernten Lößhöhle im Grenzgebiet zu Usbekistan wurde noch ein erwachsenes Männchen gesichtet. Nach Jahrzehnten wurde so die Existenz der Art bestätigt. Erstmals konnten Ton-, Bild- und Videomaterial dieser Wüstenfledermaus erstellt und Proben für genetische Untersuchungen gesammelt werden. Ziel ist die umfassende Erforschung der evolutionären Entwicklung der zentralasiatischen Fledermausfauna. 

Turkestan-Langohr Plecotus turkmenicus. Foto: Christian Dietz.

Turkestan-Langohr Plecotus turkmenicus. Foto: Christian Dietz.

Das Turkestan-Langohr dürfte insbesondere durch den Klimawandel gefährdet sein. Durch die vor allem temperaturbedingt fortschreitende Austrocknung der Wüsten Zentralasiens geht die natürliche Vegetationsbedeckung immer weiter zurück und der ohnehin schon begrenzte Lebensraum der Art verringert sich weiter. Den Wiederfund des Turkestan-Langohrs nimmt die turkmenische Regierung nun in ihre Planung für die Ausweisung eines über 50.000 Hektar großen Schutzgebietes auf. Hiervon würde neben der endemischen Fledermausart auch die gesamte Artenvielfalt der winterkalten Wüsten bis hin zu großen Säugetieren wie Wildesel und Kropfgazelle profitieren. 

Der grenznahe Nachweis könnte außerdem ein Hinweis auf ein bisher unentdecktes Vorkommen des Turkestan-Langohrs in Usbekistan sein. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Museum für Naturkunde Berlin, dem turkmenischen Umweltministerium, der turkmenischen Schutzgebietsverwaltung und der usbekischen Akademie der Wissenschaften zur Erforschung der zentralasiatischen Fledermausfauna soll fortgesetzt werden.

Foto: Christian Dietz

Quelle: https://www.museumfuernaturkunde.berlin/de/museum/medien/presse/verschollenes-turkestan-langohr-wiederentdeckt

 

Ratten jagen Fledermäuse

Aktive Prädation durch Wanderratten (Rattus norvegicus) auf Fledermäuse in städtischen Massenwinterquartieren in Norddeutschland: Auswirkungen auf den Naturschutz und die Gesundheit

Diese Studie ist die erste, die die systematische Prädation durch Wanderratten auf Fledermäuse in städtischen Winterquartieren mit mehreren tausend Individuen in Europa dokumentiert. Mithilfe von Infrarot-Videoüberwachung und Wärmebildkameras an zwei wichtigen Standorten in Norddeutschland (Segeberg und Lüneburg Kalkberg), die vorwiegend von Myotis-Arten genutzt werden, beobachtete das Autorenteam das Abfangen in der Luft und Bodenjagden auf schwärmende Fledermäuse.

Das Jagdverhalten unterstreicht die bemerkenswerten manipulativen Fähigkeiten und die Verhaltensflexibilität von Wanderratten in städtischen Ökosystemen. Die Ergebnisse deuten auf ein erhebliches zusätzliches Sterberisiko für Fledermauspopulationen in Massenwinterquartieren hin und geben Anlass zur Sorge über einen möglichen Austausch von Krankheitserregern zwischen zwei wichtigen Lebensräumen für Wildtiere. Das Team empfiehlt gezielte Strategien zur Bekämpfung von Nagetieren, um Risiken für den Naturschutz und die öffentliche Gesundheit im Einklang mit One-Health-Ansätzen zu mindern.

Im Video erbeutet eine Wanderratte eine Wasserfledermaus (Myotis daubentonii), weitere Videos in der Publikation.

 

Quelle:
Florian Gloza-Rausch, Anja Bergmann, Mirjam Knörnschild
„Active predation by brown rats (Rattus norvegicus) on bats at urban mass hibernacula in Northern Germany: Conservation and one health implications“
Global Ecology and Conservation, Volume 63,  2025, e03894, ISSN 2351-9894,
https://doi.org/10.1016/j.gecco.2025.e03894

Riesenabendsegler: Spezialisiert auf ziehende Singvögel

Fledermäuse haben sich zu effizienten Luftjägern für eine Vielzahl von Beutetieren entwickelt. Obwohl die meisten Menschen sie als Insektenfresser betrachten, gibt es Fledermäuse, die Säugetiere, Amphibien und sogar Vögel fressen. Es gibt drei Fledermausarten, von denen bekannt ist, dass sie Vögel jagen, aber wie und wann sie dies tun, war bislang weitgehend unbekannt. Stidsholt et al. beobachteten Riesenabendsegler (Nyctalus lasiopterus) im Flug und stellten fest, dass einzelne Tiere Zugvögel mithilfe ihrer Echoortung aufspüren und sie im Flug fressen. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass sich diese effizienten Lufträuber auch zu Jägern von Zugvögeln entwickelt haben. 

Obwohl Milliarden von Kleinvögeln saisonal in der Nacht in großen Höhen durchziehen, wurden nur drei Fledermausarten gefunden, die diese reichhaltige Beutequelle konsequent nutzen. Es ist jedoch nach wie vor unbekannt, wo und wie diese Fledermäuse relativ große Sperlingsvögel als Beute aufspüren, fangen und verzehren. Hier hat das Team hochauflösende Biologging-Tags verwendet, um zu zeigen, dass Riesenabendsegler in große Höhen aufsteigen, lange echogesteuerte Verfolgungsjagden unternehmen und wandernde Singvögel im Flug verzehren.

Durch die Nutzung von Ultraschall-Echolokalisierung, langwierigen Verfolgungsjagden und der Aufnahme ihrer Beute in der Luft können diese Prädatoren nachtaktive Zugvögel in großen Höhen jagen und so eine reichhaltige Nahrungsquelle nutzen, die für die meisten Beutegreifer weitgehend unzugänglich bleibt.

3D-Rekonstruktion eines Riesenabendsegler, der einen Zugvogel in der Luft jagt und frisst. Diese Animation zeigt einen Riesenabendsegler (Nyctalus lasiopterus), der einen Zugvogel im Flug jagt, erbeutet und frisst. Der Farbverlauf entlang der Flugbahn zeigt das Verhalten der Fledermaus. Die Animationssequenz zeigt den Aufstieg der Fledermaus auf 1.200 Meter (gelb) während ihrer Suchphase, gefolgt von der Erkennung und Verfolgung des Vogels (grün). Die Fledermaus greift den Vogel wiederholt an (lila, >40 Mal), bevor sie ihn fängt. Der letzte Abschnitt (blau, 23 Minuten) zeigt, wie die Fledermaus den Vogel im Flug verzehrt. Hinweis: Zur besseren Darstellung wurde die Videowiedergabe um das Achtfache beschleunigt.

 

Große Abendsegler stellen keine Bedrohung für Singvögel dar – und sind selbst vom Aussterben bedroht

Glücklicherweise gibt es wenig Grund zur Sorge, dass Fledermäuse die Populationen von Singvögeln bedrohen könnten. Der Riesenabendsegler ist äußerst selten und in vielen Gebieten vom Aussterben bedroht, da ihre Waldlebensräume verschwinden. Prof. Christian Voigt, Leiter der Abteilung für Evolutionsökologie am Leibniz-IZW, sagt: „Wir müssen dafür sorgen, dass wir sowohl Zugvögel als auch ihre Raubtiere schützen. Für die Große Hufeisennase bedeutet dies insbesondere natürliche Wälder mit alten Bäumen, die reich an Höhlen sind.

Nyctalus Lasiopterus by Laura-Torrent

Nyctalus Lasiopterus by Laura-Torrent

Aber auch Vögel fressen Fledermäuse – Meisen zum Beispiel

Berichte über die Einfallsreichtum der Meisenvögel bei der Nahrungssuche reichen bis in die 1940er Jahre zurück, als beobachtet wurde, dass Blaumeisen auf den Britischen Inseln gelernt hatten, die Aluminiumverschlüsse von Milchflaschen zu öffnen. Ein weiteres erstaunliches erlerntes Verhalten von Kohlmeisen (Parus major) wurde 2008 von Forschern um Björn Siemers vom Max-Planck-Institut für Ornithologie und ihren ungarischen Kollegen beobachtet. An 21 Beobachtungstagen während zweier Winter flogen Kohlmeisen insgesamt 18 Mal in eine Höhle im Nordosten Ungarns, um dort nach den überwinternden Zwergfledermäusen (Pipistrellus pipistrellus) zu suchen und sie zu fressen. Die Forscher erklären dieses Verhalten mit der extremen Notlage, in der sich die Vögel bei ihrer Nahrungssuche befanden. Die Vögel lokalisieren die Fledermäuse in der Höhle wahrscheinlich anhand der Laute, die die Tiere Winterschlaf von sich geben, wenn sie gestört und geweckt werden. „Diese Geräusche dienen wahrscheinlich der Verteidigung“, sagt Bjorn Siemers, „und es erscheint plausibel, dass die Vögel die Geräusche nutzen, um die Fledermäuse zu lokalisieren.“ Die Kohlmeisen brauchten höchstens 15 Minuten vom Betreten der Höhle, um eine Fledermaus zu fangen. In einigen Fällen trugen sie die Zwergfledermäuse im Schnabel aus der Höhle und fraßen sie auf nahegelegenen Bäumen.

Aktiv im Flug werden auch verschiedene Fledermausarten von Habichten, Sperbern und Falken erbeutet.


Beschriftung Titelgrafik oben:
Abb. S1. Fehlgeschlagener Angriff eines Riesenabendsegler auf einen Sperlingsvogel in 400 m Höhe. (A) Zur Darstellung der Echoortungsaktivität wird ein langfristiger Spektralmittelwert verwendet, wobei hochfrequente Streifen den Echoortungsrufen der Fledermaus und niederfrequente Elemente den Flügelschlägen und Strömungsgeräuschen entsprechen (FFT-Größe: 18750 Punkte, Überlappung: 468 Samples, Abtastrate: 187,5 kHz) . (B) Nachdem die Fledermaus einen Sperlingsvogel 26 Sekunden lang bis zum Boden verfolgt hatte, gab sie auf und stieg langsam auf 400 m Höhe auf, möglicherweise um nach weiteren Zugvögeln zu suchen. Nach einer Stunde änderte die Fledermaus ihre Strategie und jagte Insekten in niedrigeren Höhen von etwa 50 m. (C) Die Flügelschläge werden in den Schwingungen der z-Achsen-Beschleunigung dargestellt. Während der Verfolgung der Sperlingsvogelbeute (cyan) nahm die Flügelschlagamplitude im Vergleich zur Beutehandhabungsphase (blau) zu. (D) Diese Dead-Reckoning-Spur basiert auf den ersten 50 Minuten der Tag-Aufzeichnung und zeigt, wie sich die Fledermaus während der Such- und Verfolgungsphase in 3D bewegte.

Quellen:
Stidsholt L, Tena E, Foskolos I, Nogueras J, de la Hera I, Sánchez-Navarro S, García-Mudarra JL, Ibáñez C (2025): Greater noctule bats prey on and consume passerines in flight. SCIENCE. DOI: 10.1126/science.adr2475

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.:
Caught in the act: Scientists record how Europe’s largest bat catches and consumes a passerine bird mid-air

Zsebők, Sándor & Siemers, Bjrn. (2009). Great tits search for, capture, kill and eat hibernating bats. Biology letters. 6. 10.1098/rsbl.2009.0611.

Great Tits eat bats in times of need (Max Planck Institute for Ornithology)
https://www.mpg.de/593497/pressRelease20090925

1.500ste Fledermausart entdeckt

Auf der Insel Bioko in Äquatorialguinea, Afrika, wurde eine neue Fledermausart entdeckt, die offiziell als die 1.500. Fledermausart weltweit gilt. Pipistrellus etula wurde von Laura Torrent, Doktorandin bei der BiBio Research Group des Naturkundemuseum Granollers und ihren Kollegen entdeckt.

Das taxonomische Rätsel der Zwergfledermäuse oder „pipistrelloiden“ Fledermäuse bleibt eine der ungelösten Herausforderungen, die afrikanische Fledermausarten darstellen.

Historisch gesehen hat ihre kryptische Morphologie zu einer häufig verwirrenden Klassifizierung geführt und Zweifel an der taxonomischen Einordnung sowohl auf Gattungs- als auch auf Artenebene aufkommen lassen. Während molekulare Analysen und umfangreiche Untersuchungen von Exemplaren aus Sammlungen weltweit viele systematische Beziehungen zwischen pipistrelloid-Fledermäusen geklärt haben, müssen einige Arten noch validiert werden, was Lücken in unserem Gesamtverständnis der Systematik dieser Gruppe hinterlässt.

Der Kongo-Regenwald, eine der am wenigsten erforschten Regionen Afrikas, ist in systematischen Studien zu Pipistrelloiden nach wie vor unterrepräsentiert.

In dieser Studie kombinierte das Team um Laura Torrent die Verwendung von zwei mitochondrialen Genen und kranialen morphometrischen Analysen, um eine aktualisierte Perspektive auf afrikanische Pipistrelloiden zu bieten, wobei sie sich auf neues Material aus Äquatorialguinea konzentrieren, das über mehrere Jahre hinweg gesammelt wurde. Sie bestätigen die Einordnung von Af. musciculus und Af. crassulus in die Gattung Afropipistrellus. Erstere wurde zuvor zu Hypsugo gezählt, während für letztere keine Gattungsbestätigung vorlag.

Darüber hinaus beschreib das Team eine neue Art von Pipistrellus von der Insel Bioko in Zentralafrika, die bei systematischen Fledermausuntersuchungen in der Region entdeckt wurde. Weitere Untersuchungen im Kongo-Regenwald sind erforderlich, um die Vielfalt der afrikanischen Fledermäuse und ihre phylogenetischen Beziehungen vollständig aufzudecken.

Quelle:
Laura Torrent, Javier Juste, Inazio Garin, Joxerra Aihartza, Desiré L Dalton, Mnqobi Mamba, Iroro Tanshi, Luke L Powell, Sara Padidar, Juan Luis Garcia Mudarra, Leigh Richards, Ara Monadjem,
Taxonomic revision of African pipistrelle-like bats with a new species from the West Congolean rainforest, 
Zoological Journal of the Linnean Society, Volume 204, Issue 2, June 2025, zlaf020, 
https://doi.org/10.1093/zoolinnean/zlaf020

Foto: Laura Torrent

Winterschlaf im Klimawandel: Wasserfledermäuse überwintern länger, Fransenfledermäuse kürzer

Unerwartete Reaktion auf den Klimawandel: Wasserfledermäuse halten zunehmend längeren Winterschlaf

Biolog*innen der Universität Greifswald zeigen, dass Fledermäuse mit einem immer längeren Winterschlaf auf die Auswirkungen des Klimawandels reagieren. Mit Hilfe eines kontinuierlichen 13-jährigen Monitorings belegten sie, dass Wasserfledermäuse (Myotis daubentonii) ihren Winterschlaf nun fast einen Monat früher beginnen als noch vor einem Jahrzehnt, aber dennoch nicht früher aus diesem aufwachen. Die Studie erschien am 02. Oktober 2025 im Journal Global Change Biology.

Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken. Zahlreiche Tiere ziehen in den Süden, andere suchen ihr Winterquartier auf – so auch Fledermäuse. Doch während der Winterschlaf bei vielen Tieren aufgrund des Klimawandels immer kürzer wird, wiesen Forschende der Universität Greifswald nun für die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) nach, dass diese Tiere mittlerweile einen ganzen Monat früher als noch vor 13 Jahren in den Winterschlaf starten.

Das Bemerkenswerte ist, dass Fledermäuse dafür ihre Fettreserven nicht erhöhen. Das bedeutet, dass sie einen zusätzlichen Monat mit denselben Energiereserven überstehen müssen. Dies stellt eine potenzielle Herausforderung für ihr Überleben bei fortschreitendem Klimawandel dar.

Diese überraschenden Ergebnisse stammen aus einer Langzeitstudie, für die über 4.000 Fledermäuse zweier Arten im Raum Münster (Nordrhein-Westfalen) mit kleinen RFID-Transpondern individuell markiert und mit automatischen Aufzeichnungsgeräten an ihren Winterquartieren überwacht wurden. Die aufgezeichneten Daten geben Aufschluss darüber, wann jedes der markierten Tiere im Winterquartier eintraf und wann es dieses im Frühjahr wieder verließ.

Zwei Arten – zwei konträre Reaktionen auf den Klimawandel

Neben den Wasserfledermäuse überwintern in dem 60 Meter tiefen Brunnenschacht auch Fransenfledermäuse (Myotis nattereri). Allerdings zeigen die beiden Arten vollkommen unterschiedliche Reaktionen auf den Klimawandel: Die Fransenfledermaus reagiert mit verkürzten Winterschlafperioden auf die immer wärmeren und kürzeren Winter, ähnlich wie andere winterschlafende Säugetiere.

Doch warum schläft die Wasserfledermaus gegen den generellen Trend der kürzeren Winterschlafphase länger? Dr. Gabriella Krivek von der Universität Greifswald vermutet: „Neben Fledermäusen reagieren natürlich auch andere Arten auf den Klimawandel. Bei der Hauptbeute der Wasserfledermaus handelt es sich um Insekten, die ihr Larvenstadium im Wasser verbringen und in großen Massen gleichzeitig schlüpfen – ideale Jagdbedingungen also. Diese Ereignisse sind zeitlich an die saisonale Erwärmung der Gewässer gekoppelt und verschieben sich mit den durch den Klimawandel steigenden Temperaturen ebenfalls nach vorne. Daher könnten Wasserfledermäuse früher im Herbst keine Nahrung mehr finden und daher auch früher mit dem Winterschlaf beginnen.

Winterschlafstrategien können Auswirkungen auf das langfristige Überleben haben

Die Phänologie – im Fall der Fledermäuse der Beginn und das Ende der jährlichen Winterschlafperiode – passt sich bei den untersuchten Fledermausarten erstaunlich rasch an den Klimawandel an. Da die Temperaturen weiter steigen, könnten die konträren Winterschlafstrategien erhebliche Auswirkungen auf das langfristige Überleben der untersuchten Arten haben“, sagt Frauke Meier, Doktorandin an der Universität Greifswald und gemeinsam mit Dr. Gabriella Krivek Erstautorin der Studie. Sie führt weiter aus:  „Erschwerend kommt hinzu, dass sich besonders die Jungtiere, bei denen die Sterblichkeitsrate im Winter grundsätzlich höher ist als bei den adulten Tieren, scheinbar schlechter an die neuen Bedingungen anpassen können. In ihrem ersten Jahr suchen sie das Winterquartier später auf als die adulten Tiere. Bei fehlender Nahrung kann dies dann zu einer noch geringeren Überlebenschance beitragen.“ Es bedarf jedoch weiterer Forschung, um die exakten Zusammenhänge zwischen den zeitlichen Verschiebungen des Winterschlafs und der Fitness jedes einzelnen Tieres beziehungsweise der Entwicklung der gesamten Population zu klären.

Auswirkungen für den Naturschutz

Die Ergebnisse haben eine besondere Bedeutung für den Naturschutz“, sagt Dr. Gabriella Krivek. So ist in Deutschland der menschliche Zugang zu Winterquartieren zum Schutz der Fledermäuse zwischen dem 1. Oktober und dem 31. März gesetzlich eingeschränkt. Die neuen Ergebnisse zeigen jedoch, dass dieser Zeitraum die Überwinterungsphase von Wasserfledermäusen gar nicht mehr vollständig abdeckt und daher angepasst werden sollte. Gleichzeitig sollte die verlängerte Aktivitätszeit der Fransenfledermaus, eine Art, die außerhalb der Winterschlafphase in Bäumen ihre Quartiere und im Wald ihre Jagdgebiete hat, im Herbst und Frühjahr insbesondere bei der Bewirtschaftung von Wäldern berücksichtigt werden.

Die Studie wurde von Gabriella Krivek & Frauke Meier, Gerald Kerth & Jaap van Schaik von der Universität Greifswald sowie Leo Grosche vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, Hannover, durchgeführt und in Global Change Biology veröffentlicht.

Quelle:
Krivek, G.F. MeierL. GroscheG. Kerth, and J. van Schaik2025.
One Species Hibernates Shorter, the Other Longer: Rapid but Opposing Responses to Warming Climate in Two Sympatric Bat Species.” 
Global Change Biology 31, no. 10: e70531. https://doi.org/10.1111/gcb.70531.

Ansprechpartnerin an der Universität Greifswald
Dr. Gabi Krivek
Zoological Institute and Museum
University of Greifswald
Loitzer Strasse 26
17489 Greifswald, Germany
Tel.: +49 3834 420-4358
gabriella.krivek@uni-greifswald.de

Tagung „Fledermäuse in der Eingriffsplanung“ 2025

Bundesweit bekannte Fachtagung zu aktuellen Themen des Fledermausschutzes mit Fachvorträgen, Zeit zur Vernetzung und zum Austausch sowie Postersession.

Wir freuen uns, Fledermausexpert:innen, Fachplaner:innen, Naturschützer:innen und Wissenschaftler:innen sowie viele weitere Interessierte im Jahr 2025 persönlich begrüßen zu können. Aufgrund der hohen Nachfrage und der Teilnehmenden aus ganz Deutschland haben wir den Veranstaltungsort gewechselt. Die Philharmonie Essen ist nur wenige Minuten vom Hbf Essen entfernt und bietet viel Platz sowohl für die Fachvorträge als auch für Posterausstellung und Vernetzung in den Pausen. Zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten befinden sich in direkter Umgebung.
 
In bewährter Kooperation mit der Echolot GbR bieten wir Ihnen Beiträge zu aktuellen Themen und Fragestellungen.

Programm

Moderation: Saskia Helm, NUA NRW

10:00 Uhr: Begrüßung
Elke Reichert, Präsidentin LANUK NRW (Landesamt für Natur, Umwelt und Klima Nordrhein-Westfalen) Sandra Meier, Echolot GbR

10:15 Uhr: Fledermäuse und Klimawandel – Auswirkungen und Handlungsbedarf in der Praxis
Prof. Dr. Gerald Kerth, Zoologisches, Institut und Museum, Universität, Greifswald

10:45 Uhr: Freiflächen-Photovoltaikanlagen – neue Herausforderungen für den Naturschutz. Auch für Fledermäuse.
Wilhelm Breuer, Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz // Geschäftsbereich landesweiter Naturschutz, Sandra Meier, Echolot GbR

11:20 Uhr: Ökologische Baubegleitung bei baulichen Anlagen – Praxiserfahrungen und Empfehlungskatalog
Eva Kemper, LANUK NRW

11:50 Uhr: BANU-Programm Artenkenntnis: Wissen – Qualifizieren – Zertifizieren für Artenvielfalt. Warum wir mehr Artenkenner:innen für Fledermäuse brauchen!
N.N.

12:15 Uhr: Mittagspause

ab 12:45 Uhr: Posterpräsentation und Zeit für Vernetzung. Die Autor:innen stehen an ihren Postern für Fragen und Diskussionen bereit.

13:30 Uhr: Kein Baum ist uns zu klein! Fledermausquartiere in Bäumen mit geringem Brusthöhendurchmesser.
Dr. Frauke Krüger, Bundesamt für Naturschutz

14:00 Uhr: Verkehrssicherung von Bäumen und Fledermausschutz – ein Beispiel aus NRW
Christian Giese, Ehrenamtlicher Fledermausschutz im NABU Borken

14:30 Uhr: Artenschutzrechtliche Herausforderungen bei der Reaktivierung von Eisenbahntunneln mit Fledermaus-Winterquartieren
Dr. Christian Dietz, Biologische Gutachten Dietz

15:00 Uhr: Kaffeepause

15:30 Uhr:  BatTrend – Weiterentwicklung und Integration von FledermausMonitoring-Methoden für die verbesserte Bewertung von Populationsentwicklungen
Dr. Jaap van Schaik, Zoologisches Institut und Museum, Universität Greifswald

16:00 Uhr: „Fit für die Zukunft – wie muss sich Fledermausschutz weiterentwickeln?“ Moderierte Diskussionsrunde im „Fishbowl“-Format
Dr. Frauke Krüger, Eva Kemper, Dr. Christian Dietz, freie Plätze für ihre Beiträge

gegen 17:00 Uhr: Ende der Veranstaltung


 

Ausrichtende / Mitausrichtende Organisation
Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW (NUA) | Echolot GbR

Veranstaltungsort: 
Philharmonie Essen Conference Center
Huyssenallee 53
45128 Essen

Teilnahmekosten: 120 € (erm. 80 €)

Anmeldefrist: 21.10.2025

 

 

Aufruf zum Schutz häufiger Arten

Die anhaltende Biodiversitätskrise macht deutlich, dass gezielte Schutzmaßnahmen erforderlich sind, doch der Fokus liegt oft weiterhin auf seltenen und gefährdeten Arten. Dabei wird die wichtige Rolle häufiger Arten übersehen, die das ökologische Rückgrat von Ökosystemen bilden und die Stabilität und Funktionsfähigkeit der Biodiversität unterstützen.

Die Autor*Innen argumentieren, dass häufige Arten, insbesondere ihre Populationsdynamik und potenziellen Kipppunkte, zu oft vernachlässigt werden und dass ihr Schutz dringend erforderlich ist. Sie veranschaulichen dieses Problem am Beispiel der Fledermäuse (Chiroptera). Diese vielfältige Säugetierordnung umfasst wichtige Ökosystemdienstleister, darunter Insektenfresser, Bestäuber und Samenverbreiter. Fledermäuse reagieren empfindlich auf anthropogene Belastungen, und viele Arten, darunter auch häufige Arten, sind mit einem Rückgang ihrer Populationen und den Auswirkungen von Störungen des Ökosystems konfrontiert. Forschung und Schutzmaßnahmen müssen dringend auf häufige Arten ausgeweitet werden.

Anhand von Fallstudien zeigen wir, wie häufige Fledermausarten als Indikatoren für Umweltveränderungen dienen und dass ihre Populationen dringend überwacht werden müssen. Die Autor*Innen geben Empfehlungen zur Verbesserung der Forschung, zur Stärkung von Schutzmaßnahmen und zur Einführung eines integrativeren Rahmens, der die unverzichtbare Rolle häufiger Arten für Ökosystemleistungen und Biodiversität anerkennt.

 

Quelle:
Russo, D. and Dechmann, D.K.N. (2025), A Call to Protect Common Species: Bats as a Case Study. Conservation Letters., 18: e13113. 
https://doi.org/10.1111/conl.13113

Auwälder ermöglichen klimabedingte Ausbreitung

Auwälder ebnen den Weg für eine klimabedingte Ausbreitung von Fledermäusen: Belege aus einer feinstufigen Höhenverschiebung

Eine gut dokumentierte Reaktion auf den Klimawandel ist die Verschiebung der Verbreitung von Arten, da Organismen aus Gebieten, die zu warm werden, in höhere Breitengrade oder Höhenlagen abwandern. Ökologische Korridore wie Auwälder sind für diese Wanderungen von entscheidender Bedeutung. Fledermäuse sind als effektive Umweltindikatoren empfindlich gegenüber dem Klimawandel. Unter ihnen hat die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) – eine Spezialistin für Auwälder, die eine geschlechtsspezifische Höhenverteilung aufweist – sowohl morphologische als auch verteilungsbezogene Reaktionen auf die Erwärmung gezeigt.

In einem Flusssystem in Mittelitalien, das seit über zwei Jahrzehnten beobachtet wird, waren fortpflanzungsfähige Weibchen früher auf Höhen unter 850 m ü. NN beschränkt, werden nun aber regelmäßig bei der Nahrungssuche in Höhen von bis zu ca. 1050 m ü. NN beobachtet, da höhere Lagen klimatisch günstiger geworden sind. Es bleibt jedoch unklar, ob diese Verschiebung eine tatsächliche Ausweitung des Fortpflanzungsgebiets oder lediglich eine Ausweitung der Nahrungssuche in höhere Lagen bedeutet.

Um dies zu untersuchen, haben die Autor*Innen 14 fortpflanzungsfähige Weibchen, die in hohen Lagen gefangen wurden, mit Radiotrackern ausgestattet, um ihre Lebensraumwahl und Raumnutzung zu untersuchen. Die Ergebnisse bestätigen, dass sich die Wochenstuben tatsächlich weit über der bisherigen Höhengrenze befinden. Auwälder erwiesen sich als wichtiger Lebensraum, der sowohl als Schlafplatz als auch als Nahrungsquelle diente:

Die Fledermäuse hatten ihr Quartier durchweg in Bäumen in Auwäldern und suchten entlang der grünen Flussufer nach Nahrung. Obwohl sich die Quartierbäume strukturell nicht von zufällig verfügbaren Bäumen unterschieden, befanden sich die ausgewählten Höhlen höher über dem Boden, hauptsächlich in Fäulnislöchern, und waren mit einem spärlichen Unterholz und einer südöstlichen Ausrichtung verbunden.

Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung des Höhlentyps und der Merkmale des Mikrohabitats bei der Auswahl der Schlafplätze. Insgesamt zeigt die Studie, dass gut erhaltene Auwälder als wichtige ökologische Korridore fungieren, die es Fledermäusen ermöglichen, ihr Verbreitungsgebiet als Reaktion auf den Klimawandel zu verlagern. Naturschutzstrategien, die darauf abzielen, die Anpassungsfähigkeit von Fledermauspopulationen in Flusslandschaften zu verbessern, sollten den Schutz und die Wiederherstellung von Auwäldern priorisieren.

 

Highlights

  • Der Klimawandel treibt die Besiedlung höher gelegener Regionen durch fortpflanzungsfähige Wasserfledermäuse (Myotis daubentonii) voran.
  • Neue Wochenstuben in Höhenlagen über 950 m ü. M. bestätigen die Ausdehnung des Verbreitungsgebiets.
  • Auwälder sind für die Quartiersuche und Nahrungssuche an den Rändern des Verbreitungsgebiets unerlässlich.
  • Die Quartiere befinden sich in Baumhöhlen hoch über dem Boden und sind der Sonne ausgesetzt.
  • Der Klimawandel treibt die Besiedlung voran, aber der Verlust von Lebensräumen könnte sie einschränken.

 

Quelle:
Chiara Belli, Luca Cistrone, Belma Sestovic, Ioannis Ekklisiarchos, Miren Aldasoro, Chiara Borgonovo, Ilaria Migliaresi, Mariella Di Domenico, John Ratcliffe, Danilo Russo,
Riparian forest paves the way to climate-driven expansion in bats: Evidence from a fine-scale elevational shift,
Forest Ecology and Management, Volume 595, 2025, 123042, ISSN 0378-1127,
https://doi.org/10.1016/j.foreco.2025.123042.

Zwergfledermausarten: Evolution der Soziallaute

Soziale Lautäußerungen zeigen einen stärkeren evolutionären Erhaltungsgrad als Echoortungsrufe bei eng verwandten Zwergfledermausarten.

Natürlicher und geschlechtlicher Selektionsdruck sowie die Evolutionsgeschichte prägen die Merkmale von Organismen. Merkmale, die starken phylogenetischen Zwängen unterliegen, bleiben erhalten, während andere anfällig für Umwelt- oder soziale Faktoren sind. Aufgrund ihrer vielfältigen akustischen Orientierungs- und Kommunikationssysteme bieten Fledermäuse ein überzeugendes Modell zur Untersuchung der Stärke phylogenetischer Signale.

Die Autor*Innen stellten die Hypothese auf, dass soziale Lautäußerungen bei Arten der Gattung Zwergfledermäuse (Pipistrellus) stärkere phylogenetische Signale aufweisen als Echoortungsrufe, da ihre Echoortung sehr flexibel ist und von Umweltfaktoren beeinflusst wird. In dieser Studie untersuchten sie sechs eng verwandte europäische Fledermausarten, darunter Pipistrellus hanaki, P. kuhlii, P. maderensis, P. nathusii, P. pipistrellus und P. pygmaeus, die Echoortungsrufe zur Orientierung und Navigation sowie soziale Lautäußerungen (bekannt als Triller) zur Abschreckung von Rivalen und zur Anziehung von Partnern produzierten. Die Ergebnisse zeigen, dass Echoortungsrufe und Triller eine Unterscheidung auf Artenebene ermöglichen, wobei Triller ein stärkeres phylogenetisches Signal aufweisen.

Daher sind Triller bei eng verwandten Arten der Gattung Pipistrellus konservierter, während Echoortungsrufe plastischer und anpassungsfähiger an Umweltbelastungen sind. Dennoch bleibt ein stammesgeschichtliches Signal in Echoortungsrufen nachweisbar, was auf ein Gleichgewicht zwischen Evolutionsgeschichte, morphologischen Einschränkungen und Umweltanpassung hindeutet.

Diese Ergebnisse liefern ein umfassendes Verständnis der Evolutionsprozesse, die die Echoortung und Kommunikation von Fledermäusen prägen, sowie Einblicke in den Einfluss der stammesgeschichtlichen Entwicklung und des Selektionsdrucks auf das akustische Verhalten von Pipistrellus-Arten.

Abbildung 1. (A) Ein beispielhafter Triller und (b) zwei Echoortungsrufe pro Art veranschaulichen die interspezifischen Unterschiede in der spektral-zeitlichen Struktur. Die Leistungsspektren, Oszillogramme und Spektrogramme werden für jede der sechs Pipistrellus-Arten angezeigt. Die Spektrogramme wurden unter Verwendung einer 1024-Punkt-Fast-Fourier-Transformation und eines Hamming-Fensters mit 93,75 % Überlappung erzeugt. Pro Art werden zwei Echoortungsrufe dargestellt. Der Abstand zwischen den Echoortungsrufen wurde zu Illustrationszwecken verkürzt.

Abbildung 1. (A) Ein beispielhafter Triller und (b) zwei Echoortungsrufe pro Art veranschaulichen die interspezifischen Unterschiede in der spektral-zeitlichen Struktur. Die Leistungsspektren, Oszillogramme und Spektrogramme werden für jede der sechs Pipistrellus-Arten angezeigt. Die Spektrogramme wurden unter Verwendung einer 1024-Punkt-Fast-Fourier-Transformation und eines Hamming-Fensters mit 93,75 % Überlappung erzeugt. Pro Art werden zwei Echoortungsrufe dargestellt. Der Abstand zwischen den Echoortungsrufen wurde zu Illustrationszwecken verkürzt.

 

Highlights

  • Die sozialen Triller der Gattung Pipistrellus sind phylogenetisch konservierter als deren Echoortung.
  • Die Echoortung der Gattung Pipistrellus ist flexibel, aber dennoch von der Evolutionsgeschichte geprägt.
  • Beide Vokalisationstypen ermöglichen die Artenerkennung unter den europäischen Arten.
  • Soziale Triller haben tiefe evolutionäre Wurzeln in der Kommunikation der Zwergfledermausarten.
  • Das Vokalisationsverhalten der Zwergfledermausarten zeigt eine Mischung aus Abstammung und Anpassung an die Umwelt.

 

Quelle:
Danilo Russo, Martina Nagy, Iva Visnakova, Beatrix Wuntke, Guido Pfalzer, Panagiotis Georgiakakis, Mirjam Knörnschild,
Social vocalizations show stronger phylogenetic conservatism than echolocation calls in closely related pipistrelle bats,
Animal Behaviour, Volume 227, 2025, 123283, ISSN 0003-3472,
https://doi.org/10.1016/j.anbehav.2025.123283.

Nahrungssuche zwischen Acker und Trockenwiese

Durch die Lupe betrachtet: Entwirrung der kleinräumigen Nahrungssuche von Fledermäusen zwischen Ackerland und angrenzenden Trockenwiesen

Insektenfressende Fledermäuse jagen opportunistisch nach kurzlebigen Beutetieren. Die schwankenden Ressourcen in offenen Agrarlandschaften stellen jedoch eine Herausforderung dar, insbesondere in Zeiten mit hohem Energiebedarf wie der Laktationsphase. Während geschützte, naturnah bewirtschaftete Trockenwiesen im Vergleich zu unvorhersehbaren Ackerflächen stabilere Bedingungen bieten, ist unklar, wie Fledermäuse zwischen diesen beiden Lebensräumen wählen, wenn sie nebeneinander liegen.

Die Autor*Innen untersuchten die Nahrungsauswahl von Fledermäusen im Kleinen, indem sie die Intensität der Nahrungsaufnahme auf einer kurzen Strecke zwischen Ackerland und angrenzendem Trockenrasen verglichen. Dabei berücksichtigten sie Wechselwirkungen zwischen landwirtschaftlicher Bewirtschaftung und Jahreszeit, die die Verfügbarkeit von Ressourcen und den Energiebedarf widerspiegeln. Die Daten wurden durch wiederholte akustische Erfassung von 25 Acker- und Rasenpaaren in verschiedenen landwirtschaftlichen Gebieten in Deutschland gewonnen.

Im Frühsommer, wenn der Energiebedarf am höchsten ist, zeigten Fledermäuse in offenen Landschaften eine höhere Nahrungsaufnahme auf Trockenrasen als auf konventionell bewirtschafteten Ackerflächen. Ein ähnliches Muster zeigte sich bei Fledermäusen, die in Randgebieten leben, in denen die Wiesen mehr Sträucher und Bäume aufwiesen. Umgekehrt bevorzugten Fledermäuse in heterogenen Landschaften hochwertige ökologisch bewirtschaftete Ackerflächen gegenüber angrenzenden Wiesen.

Im Spätsommer waren die Futterauswahlmuster im Allgemeinen weniger ausgeprägt. Durch die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Landschafts- und Saisonvariablen auf die Fressintensität konnten die Autor*Innen die kleinräumige Auswahl von Lebensräumen durch Fledermäuse aufzeigen, die innerhalb eines bestimmten räumlichen und zeitlichen Kontexts einen vergleichsweise höheren Futterwert bieten, insbesondere in energetisch kritischen Perioden.

Das Verständnis der saisonalen Flexibilität von Fledermäusen bei der Lebensraumwahl ist entscheidend für die Entwicklung wirksamer und zukunftsorientierter Schutzstrategien. Die Autor*Innen betonen, wie wichtig es ist, alternative Lebensräume wie trockene Graslandschaften als potenzielle Nahrungsrefugien in die Schutzplanung einzubeziehen, um die Widerstandsfähigkeit der Fledermäuse angesichts der fortschreitenden Intensivierung der Landwirtschaft und der Umweltveränderungen zu stärken.

Die wichtigsten Punkte:

  • Jahreszeit und Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen führen zu Unterschieden in der Intensität der Nahrungssuche von Fledermäusen.
  • Unterschiede sind im Frühsommer, der Zeit des höchsten Energiebedarfs, am deutlichsten.
  • Im Frühsommer ist die Intensität der Nahrungssuche auf Grasland höher als auf konventionellen Ackerflächen.
  • Im Frühsommer wird hochwertiges Bio-Ackerland gegenüber Grasland bevorzugt.

Quelle:
Sophie P. Ewert, Mirjam Knörnschild, Kirsten Jung, Karl-Heinz Frommolt,
Through the magnifying glass: Untangling fine-scale foraging choices of bats between cropland and adjacent dry grassland,
Agriculture, Ecosystems & Environment, Volume 396, 2026, 109941, ISSN 0167-8809,
https://doi.org/10.1016/j.agee.2025.109941

 

Call Now Button