Hohe Gefährdung von jungen Fledermäusen an Windkraftanlagen

Viele Fledermäuse kommen durch Windkraftanlagen zu Tode. Bislang war unklar, ob alle Altersgruppen oder Geschlechter in gleichem Maße gefährdet sind.

Ein Vergleich von Alter, Geschlecht und Herkunft von an Windkraftanlagen getöteten Rauhautfledermäusen mit lebenden Artgenossen in der Nähe der Anlagen zeigt nun, dass Jungtiere überproportional häufig an Windkraftanlagen zu Tode kommen. Weibchen werden häufiger an Windkraftanlagen geschlagen als Männchen – dies entspricht aber ihrem höheren Anteil in den lokalen Beständen. Die hohe Zahl getöteter Jungtiere und Weibchen könnten sich langfristig negativ auf die Bestandsentwicklung auswirken. Deshalb scheint die derzeitige Praxis der Windenergieerzeugung als nicht ökologisch nachhaltig. Die Untersuchung wurde von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) geleitet und ist in der Fachzeitschrift „Ecological Applications“ veröffentlicht.

Der Aufsatz steht hier zum Download zur Verfügung: https://esajournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/eap.2513

Weltweit wird eine große Anzahl von Fledermäusen durch Windkraftanlagen getötet, doch die spezifischen demografischen Folgen der Mortalität durch Windkraftanlagen sind noch unklar. In dieser Studie haben wir die Merkmale der an Windkraftanlagen getöteten Nathusius-Pipistrellus (Pipistrellus nathusii) (N = 119) mit denen der lebenden Population (N = 524) während der Sommermigration in Deutschland verglichen.

Mit Hilfe eines Modells mit verallgemeinerten linearen gemischten Effekten wurden die demografischen Gruppen ermittelt, die am stärksten durch die Mortalität an Windkraftanlagen gefährdet sind, einschließlich Geschlecht, Alter (adulte oder juvenile Tiere) und geografische Herkunft (regionaler oder Langstreckenzieher; dargestellt anhand des Verhältnisses der stabilen Wasserstoffisotope im Fell). Jungtiere trugen mit einem höheren Anteil an Schlagopfern an Windkraftanlagen bei, als angesichts ihrer Häufigkeit in der lebenden Population zu erwarten war, was darauf hindeutet, dass junge Fledermäuse durch die Sterblichkeit an Windkraftanlagen besonders gefährdet sein könnten.

Dieser Effekt variierte mit der Dichte der Windkraftanlagen. Insbesondere bei niedrigen Windkraftanlagendichten, hauptsächlich im Binnenland mit Gewässern und Wäldern, in denen Rauhautfledermäuse reproduzieren, wurden Jungtiere häufiger tot unter den Turbinen gefunden als aufgrund ihrer Häufigkeit in der lebenden Population erwartet.

In Gebieten mit hoher Windkraftanlagendichte, hauptsächlich an Küstenregionen, an denen Rauhautfledermäuse ziehen, waren Adulte und Jungtiere gleichermaßen gefährdet. Wir fanden bei keinem der beiden Geschlechter Hinweise auf eine erhöhte Gefährdung durch Windkraftanlagen, beobachteten jedoch sowohl bei den Schlagopfern als auch in der lebenden Population einen höheren Anteil an Weibchen als an Männchen, was auf einen weiblichen Anteil in der lebenden Population hindeuten könnte, der höchstwahrscheinlich durch Weibchen verursacht wird, die aus ihren nordöstlichen Reproduktionsgebieten nach und durch Deutschland wandern.

Eine hohe Sterblichkeit von Weibchen ist für diese wandernde Fledermausart von Bedeutung, da sie die jährliche Reproduktionsrate der Populationen beeinträchtigt. Eine unverhältnismäßig hohe Gefährdung von Jungtieren an Windkraftanlagen kann die Reproduktion von Jungtieren verringern, was die Widerstandsfähigkeit von Rauhautfledermäusen gegenüber Umweltstressoren wie Klimawandel oder Lebensraumverlust einschränken kann. Maßnahmen zur Reduzierung der Mortalität von Windenergieanlagen, wie z. B. höhere Abschaltgeschwindigkeiten (Cut in), sollten in ganz Europa eingeführt werden, um einen Rückgang der Populationen von Rauhautfledermäusen und anderen wandernden Fledermausarten zu verhindern.