Neue Fledermausart in Österreich entdeckt

Fledermausforscher:innen gelingt Erstnachweis der Steppen-Bartfledermaus (Myotis davidii) in Österreich

 Klagenfurt, Leonding, Wien, Berlin – Im Zuge von Erhebungsarbeiten im Rahmen des Projektes Smart Environment / Natura 2000 Living Lab (SENAL 2000) entdeckten Mitarbeiter:innen der Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung in Österreich (KFFÖ) und der Arge NATURSCHUTZ im Europaschutzgebiet Lendspitz-Maiernigg, Klagenfurt eine für Österreich neue Fledermausart.

Obwohl die ersten Individuen bereits 2020 gefangen werden konnten, dauerte es länger bis dieser Erstnachweis auch genetisch abgesichert und publiziert werden konnte“ berichtet Markus Milchram, Mitarbeiter der KFFÖ und der Universität für Bodenkultur, Wien.

Da die Steppen-Bartfledermaus gemeinsam mit der weit verbreiteten Bartfledermaus einem morphologisch kaum differenzierten Artkomplex angehört, war es notwendig, den Nachweis mittels genetischer Methoden zu bestätigen. Dieser war eine besondere Herausforderung. „Beide Arten hybridisieren gelegentlich, was die Suche nach artspezifischen genetischen Markern erschwerte“, erläutert Frieder Mayer vom Museum für Naturkunde in Berlin, wo die genetischen Analysen durchgeführt wurden.

Guido Reiter, Leiter der KFFÖ, ergänzt: „Wir haben nach dieser Art in den letzten Jahren bereits an mehreren Orten in Südösterreich gesucht. Der Nachweis in Klagenfurt kam überraschend, da der Fundort in einem von uns bereits früher fledermauskundlich untersuchten Gebiet liegt.

Überraschend war nicht nur der Erstnachweis der Art, sondern der Fund einer Kolonie, der mittels Radio-Telemetrie gelang.

Um herauszufinden ob die Art in Österreich bislang „übersehen“ wurde, entwickelten die Forscher in Zusammenarbeit mit Christian Dietz, Deutschland, Kriterien welche die Unterscheidung auf Basis äußerer Merkmale ermöglicht. Anhand dieser Kriterien wurden die in der Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien lagernden Exemplare der Schwesternart, der Bartfledermaus (Myotis mystacinus), nachbestimmt. Dabei konnte kein Individuum der Steppen-Bartfledermaus zugeordnet werden. „Wir gehen davon aus, dass die Steppen-Bartfledermaus noch nicht lange Teil der Fledermausfauna in Österreich ist und die Art sich wohl Richtung Norden ausbreitet“, erklärt Markus Milchram.

Klaus Krainer, Geschäftsführer der Arge NATURSCHUTZ, betont, dass die Entdeckung einer für Österreich neuen Fledermausart in Zeiten der Biodiversitätskrise sehr bemerkenswert und wichtig ist. „Denn nur was man kennt, kann man auch schützen“, erläutert der Fledermausschützer.

In den letzten Jahren scheinen sich die Bestände mancher Fledermausarten wieder zu erholen“, erläutert Guido Reiter die derzeitige Situation der fliegenden Säugetiere in Österreich. Aber durch Insektensterben, Klimaerwärmung und fortschreitende Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft kann sich dieser positive Trend sehr schnell wieder umkehren.

Dabei spielen unsere heimischen Fledermäuse eine wichtige Rolle in unseren Ökosystemen. Als Nützlinge vertilgen sie große Mengen Schädlinge in der Land- und Forstwirtschaft und für uns Menschen lästige oder sogar Krankheiten übertragende Insekten. „Erste Nahrungsanalysen zeigen, dass die Steppen-Bartfledermäuse Stechmücken, darunter auch die invasive Asiatische Buschmücke fressen und damit Gegenspieler dieser Insekten sein könnten“, erläutert Milchram.

Foto: Steppen-Bartfledermaus (Myotis davidii), Klaus Krainer

www.fledermausschutz.at

Publikation: http://www.italian-journal-of-mammalogy.it/Moving-north-Morphometric-traits-facilitate-monitoring-of-the-expanding-steppe-whiskered,161905,0,2.html

 

  • Die Koordinationsstelle für Fledermausschutz und – forschung in Österreich (KFFÖ) ist ein international ausgezeichneter, gemeinnütziger Verein. Seit nunmehr 20 Jahren ist die KFFÖ in Sachen Fledermausschutz und Fledermausforschung in Österreich aktiv. Als Mitglied von BatLife Europe setzt sich die KFFÖ zudem „grenzenlos“ für die Fledermäuse in Europa ein.
  • Die Arge NATURSCHUTZ ist ein gemeinnütziger Verein zur Sicherung, Entwicklung und Förderung des Naturschutzes in Österreich. Sie versteht sich als Naturschutz-Anlaufstelle für alle Bürger, Gemeinden, Organisationen, Firmen, Ämter und Behörden, die sich für die vielfältigen Naturschutzaufgaben und -themen interessieren. https://www.arge-naturschutz.at/startseite
  • Die Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Zoologie Das Institut für Zoologie konzentriert sich in Forschung und Lehre auf Tierökologie und Organismische Biologie. https://boku.ac.at/dib/zoology/institutsprofil
  • Der Lakeside Science & Technology Park am Europaschutzgebiet Lendspitz-Maiernigg ist ein international anerkanntes Innovationszentrum im Bereich der IKT für Forschung & Entwicklung, Unternehmen und Bildung und setzt sich (u.a. durch Projekte wie SENAL 2000) verstärkt für Biodiversität und Nachhaltigkeit ein. lakeside-scitec.com
  • Das Museum für Naturkunde Berlin ist ein Forschungsmuseum der Leibniz-Gemeinschaft und auf drei eng miteinander verzahnten Feldern tätig: der sammlungsgestützen Forschung, der Sammlungsentwicklung und -erschließung und der forschungsbasierten Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit. https://www.museumfuernaturkunde.berlin/de