LED-Beleuchtung kann mehr Insektenschwund verursachen als andere Lampen

In einer kürzlich in Science Advances veröffentlichten Studie untersuchten Boyes und seine Kollegen, im „Thames Valley“ in Großbritannien, wie sich Licht auf Insekten auswirkt. Sie verglichen die Anzahl der Raupen in den beleuchteten und unbeleuchteten Bereichen.

Noch bevor die Wissenschaftler die Daten eingehend analysierten, konnten Boyes und seine Co-Autoren einen großen Unterschied zwischen beleuchteten und unbeleuchteten Bereichen feststellen. In den beleuchteten Bereichen fanden sich manchmal nur halb so viele Insekten wie in den unbeleuchtete Bereichen.

Der Rückgang der Insektenpopulationen hat weltweite große Besorgnis ausgelöst, wobei künstliches Licht bei Nacht als ein potenzieller Faktor identifiziert wurde. Trotz starker Hinwesie dafür, dass Beleuchtung die Häufigkeit von Insekten verringert, sind die empirischen Beweise dafür begrenzt. Boyes und seine Kollegen fanden herraus, dass Straßenbeleuchtung die Häufigkeit von Mottenraupen im Vergleich zu unbeleuchteten Standorten stark reduzierte (47% weniger an Hecken und 33% weniger an Grasrändern) und die Entwicklung von Raupen beeinflusste. Ein separates Experiment in Habitaten ohne Beleuchtungsgeschichte ergab, dass künstliches Licht bei Nacht das Fressverhalten nachtaktiver Raupen störte.

Die negativen Auswirkungen waren bei Straßenlaternen mit weißen Leuchtdioden (LED) stärker ausgeprägt als bei herkömmlichen gelben Natriumdampflampen. Dies deutet darauf hin, dass künstliches Licht bei Nacht und der anhaltende Wandel hin zu weißen LEDs (d. h. Schmal- bis Breitbandbeleuchtung) erhebliche Konsequenzen für Insektenpopulationen und Ökosystemprozesse haben werden.

Download: https://eprints.ncl.ac.uk/file_store/production/276723/6BB73D04-0287-4211-AFB8-999A18F674F8.pdf

Quelle:
Street lighting has detrimental impacts on local insect populations
Douglas H. Boyes, Darren M. Evans, Richard Fox, Mark S. Parsons and Michael J. O. Pocock
DOI: 10.1126/sciadv.abi8322
26. August 2021

27. Jahrestagung des LFA Fledermausschutz NRW

Das 27. Jahrestreffen des LFA Fledermausschutz wird am Samstag, den 13.11.2021 in der Biologischen Station Kreis Unna, Westenhellweg 110, 59192 Bergkamen stattfinden und wird wie üblich um 10:00 Uhr beginnen. Die Tagung wird vom NABU Hamm organisiert.

Diese Tagung ist keineswegs nur für Experten bestimmt. Gerade auch Neulinge im Fledermausschutz werden viele interessante Dinge erfahren. Die Teilnahme an der Tagung ist – wie in jedem Jahr – kostenlos. Getränke, Mittagessen, Kaffee und Kuchen müssen aber vor Ort bezahlt werden.

Auch in diesem Jahr möchten wir Sie bitten, sich im Vorfeld für die Tagung anzumelden. Dies ist notwendig, da immer mehr Teilnehmer kommen, es soll den Ausrichtern vor Ort die Planung einfacher gestalten. Bei erfolgreicher Anmeldung erhalten Sie eine Bestätigungsmail. Bitte melden Sie sich bis zum Montag, den 08.11.2021 an. Ohne Anmeldung ist leider keine Teilnahme möglich. 

Wir möchten Sie bitten, sich rege an der Tagung zu beteiligen und auch das Programm abwechslungsreich mit zu gestalten. Möglichkeiten für Posterpräsentationen sind vor Ort gegeben.

Vorträge und auch Posterbeiträge bitte bei Christian Giese Tel. 02872 / 981688 oder per Mail giese@fledermausschutz.de anmelden. Vor Ort steht ein Beamer mit Laptop zur Verfügung.

Link: Anreise zum Tagungsort

Programm & Tagungsablauf:

ZeitVortrag
10:00 UhrDr. Carsten Trappmann (LFA):
Eröffnung der Tagung und Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
10:15 UhrBernd Meier (LFA):
Ungewöhnlicher Fund: Massenquartier Zwergfledermäuse
10:45 UhrDr. Frauke Krüger (LFA):
Langohren am Rande der Stadt
11:15 UhrKaffeepause
11:45 UhrDipl.-Biologin Mechtild Höller (LFA):
Fledermäuse – Energetische Gebäudesanierung, Neubauplanung & Artenschutz
12:15 UhrReinhard Loewert (Paten der Nacht):
Licht und seine Schattenseiten
12:45 UhrMittagspause - Zeit zum Austausch
14:30 UhrChristian Giese (LFA):
Mopsfledermäuse in NRW - typisch kann ja jeder. Quartiernutzung in FFH-Gebieten und potenzielle Konflikte mit der Forstwirtschaft.
15:00 UhrFranco Cassese (Biologische Station UMWELTZENTRUM Hagen e.V.):
Hagens vielfältige Unterwelt
15:30 UhrStefan Götze (Biologische Station UMWELTZENTRUM Hagen e.V.):
Aufbrüche von Winterquartieren
16:00 UhrKaffeepause
16:30 UhrChristian Giese (LFA):
Neues vom LFA Fledermausschutz NRW
17:00 UhrVerschiedenes:

17:30 UhrEnde der Tagung

 

Wir führen die Tagung in diesem Jahr strikt nach der 3G Regelung durch:
Geimpft, Genesen, Getestet

Das heißt Sie müssen eine Bescheinigung vorzeigen können, dass Sie entweder vollständig geimpft oder genesen sind und sie müssen sich ausweisen können (Personalausweis). Menschen die nicht geimpft oder genesen sind, müssen einen gültigen negativen Antigen-Schnelltest vorzeigen können, nicht älter als 24 Stunden, oder einen negativen PCR-Test, nicht älter als 48 Stunden. Sollten Sie diese Vorgaben nicht einhalten können, müssen wir Ihnen die Teilnahme leider verwehren.

Die Anzahl der Teilnehmenden ist auf 100 begrenzt. Dies beinhaltet auch die Vortragenden sowie die Heferinnen und Helfer. Bitte denken Sie an Ihren Mund-Nasen-Schutz, dieser ist Pflicht auf unsrer diesjährigen Tagung. Da die Infektionslage aktuell angespannt ist und wir den Abstand von 1,5 Meter bei der Bestuhlung nicht einhalten können gilt leider die Maskenpflicht auch am Platz.

Crowdfunding der Biologischen Station Hagen

Fledermauswohnraum auf dem Reiterhof

Helfen Sie uns mit Quartiere für Fledermäuse auf dem Reitgut Selkinghausen im Hagener Süden zu schaffen.

Um den heimischen Fledermausarten weiterhin ausreichend Quartiermöglichkeiten bieten zu können, benötigt die Biologischen Station Hagen Ihre finanzielle Unterstützung. Es sollen 10 Fledermauskästen aus Holzbeton angeschafft und auf dem Reitgut des Verein für extensive Kulturlandschftspflege (VeK) w.V. an Gebäuden und Bäumen angebracht werden

Die Biologische Station Umweltzentrum Hagen e.V. führt das Projekt durch in Kooperation mit dem Verein für extensive Kulturlandschftspflege (VeK) w.V., welchem das Reitgut gehört.

Weitere Informationen, Video, Fotos und Ihre Möglichkeit der Untersützung:
https://www.startnext.com/fledermausschutz-am-reiterhof

100 Wasserfledermäuse, Quartier im Straßenkanal

Bei Wartungsarbeiten entdeckten die überraschten Mitarbeiter einer Firma Graf AG, Zufikon unter einem Kanaldeckel Fledermäuse.

Andres Beck, der kontaktierte Fledermausschutz-Beauftragte des Schweizer Kantons Aargau fand vor Ort über 100 Wasserfledermäuse, welche scheinbar das Kanalisationsnetz als Rückzugsort und Wochenstube für die Jungenaufzucht benutzen.

Der Schacht, in dem die Tiere angetroffen wurden, endet gut 1,4 Kilometer weiter, direkt am Fluss Limmat. Diese Strecke müssen die Fledermäuse also jeden Tag unterirdisch durch Röhren mit 1,2 Meter Durchmesser zurücklegen, um in ihre Jagdgebiete zu gelangen.

Video & Foto: Raymond Witter der Firma Graf AG, Zufikon

Quelle: https://fledermausschutz.ch/leben-unter-der-strasse-die-tunnelfledermaeuse-von-spreitenbach

Orientierungssinn von Fledermäusen liegt im Auge

Säugetiere sehen mit den Augen, hören mit den Ohren und riechen mit der Nase. Doch mit welchem Sinn oder Organ orientieren sie sich auf ihren Wanderungen, die mitunter weit über ihre lokalen Streifgebiete hinausführen und daher ein erweitertes Navigationsvermögen erfordern? Wissenschaftliche Versuche unter Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), publiziert gemeinsam mit Prof. Richard A. Holland (Bangor University, UK) und Dr. Gunārs Pētersons (Latvia University of Life Sciences and Technologies, Lettland), zeigen nun: Die Hornhaut (Cornea) der Augen ist der Ort eines solchen Sinnes bei wandernden Fledermäusen. Betäubt man diese gezielt, ist der sonst zuverlässige Orientierungssinn gestört, während die visuelle Hell-Dunkel-Wahrnehmung unbeeinträchtigt blieb. Der Versuch nährt Vermutungen über eine Lokalisierung eines Magnetsinns bei Säugetieren. Der Aufsatz ist in der Fachzeitschrift „Communications Biology“ publiziert.

Einem Forschungsteam um Dr. Oliver Lindecke und PD Dr. Christian Voigt vom Leibniz-IZW gelang erstmals der Nachweis, dass über die Hornhaut der Augen Signale aus der Umwelt aufgenommen werden, die für das Navigieren über lange Strecken von Bedeutung sind. Hierzu führten sie Versuche mit Rauhautfledermäusen (Pipistrellus nathusii) während der spätsommerlichen Zugzeit durch. Bei einer experimentellen Gruppe von Fledermäusen betäubten sie temporär die Hornhaut lokal mit einem Tropfen Oxybuprocain. Dieses Oberflächenanästhetikum findet breite Anwendung in der Augenheilkunde bei Menschen und Tieren, wo es bei Patienten für die vorübergehende Desensibilisierung der Hornhaut bei einer Überreizung verwendet wird. Effekte auf das Orientierungsvermögen waren bisher nicht bekannt. Bei einer zweiten Gruppe von Fledermäusen betäubte das Wissenschaftlerteam die Hornhaut von nur einem Auge. Die Individuen der Kontrollgruppe erhielten keine Betäubung, stattdessen aber eine isotonische Kochsalzlösung als Augentropfen. Alle Tiere dieser wissenschaftlichen Untersuchung wurden bei Nacht in ihrem Zugkorridor an der Ostseeküste eingefangen und direkt nach der Behandlung in 11 Kilometer Entfernung vom Fangplatz auf einem freien Feld wieder einzeln freigelassen. Die Wissenschaftler stellten mit Fledermausdetektoren sicher, dass sich keine anderen Fledermäuse zum Zeitpunkt der Freilassung über dem Feld aufhielten, denen die Versuchstiere hätten folgen können. Zudem war den beobachtenden Personen unbekannt, welcher Behandlung das freigelassene Tier unterzogen wurde. „Individuen aus der Kontrollgruppe und der Gruppe mit einseitiger Cornea-Betäubung orientierten sich erwartungsgemäß nach Süden, während die Fledermäuse mit beidseitig anästhesierten Hornhäuten in zufälligen Richtungen davonflogen“, erklärt Dr. Oliver Lindecke, Erstautor des Aufsatzes. „Dies deutet darauf hin, dass die Betäubung der Cornea einen Orientierungssinn nachhaltig störte – und dass dieser offenbar auch noch mit einem Auge gut funktioniert.“ Da die Cornea-Betäubung nach kurzer Zeit nachlässt, konnten die Tiere nach Ende dieser Wirkung ihre Reise in den Süden fortsetzen. „Wir konnten hier das erste Mal im Versuch beobachten, wie ein ziehendes Säugetier wortwörtlich vom Kurs abgebracht wurde – ein Meilenstein in der Verhaltens- und Sinnesbiologie, der uns erlaubt, das biologische Navigationssystem der Säugetiere gezielter zu erforschen.“

Um auszuschließen, dass die Betäubung der Cornea auch den Sehsinn an sich beeinflusste und die Wissenschaftler*innen dadurch zu falschen Schlussfolgerungen gelangten, führten sie einen weiteren, ergänzenden Test durch. Wiederum aufgeteilt in Versuchs- und Kontrollgruppen prüften sie, ob die Fledermäuse in unterschiedlicher Weise auf Licht reagierten, wenn ihre Hornhäute einseitig oder beidseitig betäubt waren. „Wir wissen aus früheren Untersuchungen, dass Fledermäuse eine beleuchteten Ausgang einem unbeleuchteten Ausgang vorziehen, wenn sie ein einfaches Y-Labyrinth verlassen sollen“, erklärt PD Dr. Christian Voigt, Leiter der Leibniz-IZW-Abteilung für Evolutionäre Ökologie. „Diese Präferenz zeigten in unserem Versuch auch die Tiere mit einseitiger oder beidseitiger Betäubung. Daher schließen wir aus, dass unsere Versuchsanordnung die visuelle Wahrnehmung beeinträchtigte, welche auch die Langstrecken-Navigation hätte beeinflussen können.

Eine Vielzahl von Wirbeltieren, neben Fledermäuse beispielsweise auch Delfine, Wale, Fische oder Schildkröten, können sich bei Dunkelheit sicher orientieren, sowohl unter freiem Nachthimmel, als auch bei nächtlicher Bewölkung, in Höhlen und Tunneln sowie in den Tiefen der Meere. Über viele Jahrzehnte suchen Wissenschaftler*innen daher nach dem Sinn und dem Sinnesorgan, welches den Tieren diese für Menschen schwer vorstellbaren Orientierungs- und Navigationsleistungen ermöglicht. Der bisher nur für wenige Säugetierartennachgewiesene und kaum verstandene Magnetsinn ist ein naheliegender Kandidat. Experimente lassen vermuten, dass womöglich Eisenoxid-Partikel innerhalb von Körperzellen als „mikroskopische Kompassnadeln“ fungieren könnten, so wie dies in einigen Bakterienarten der Fall ist.

Jüngere Laboruntersuchungen an Graumullen, Verwandten der bekannten Nacktmulle, die ihr Leben in verzweigten unterirdischen Gangsystemen verbringen, deuten darauf hin, dass der Magnetsinn im Auge verortet ist. Allerdings wurde ein solcher (Magnet-)Orientierungssinn bislang weder bei freilebenden, ziehenden Säugetieren getestet noch konnte ein Organ identifiziert werden, welches die morphologische Basis für die benötigten Sinnesrezeptoren enthalten könnte. Die Experimente des Teams um Lindecke und Voigt erbringen nun erstmalig belastbare Daten für die Verortung eines Orientierungssinns bei freilebenden, ziehenden Säugetieren. Wie und wo genau sich dieser Sinn in der Hornhaut der Fledermäuse befindet, wie er funktioniert und ob es sich um den lange gesuchten Magnetsinn handelt müssen zukünftige Untersuchungen zeigen.
Publikation

Lindecke O, Holland RA, Pētersons G, Voigt CC (2021): Corneal sensitivity is required for orientation in free-flying migratory bats. Communications Biology. DOI: 10.1038/s42003-021-02053-w

Pressemitteilung: http://www.izw-berlin.de/de/pressemitteilung/raetselhafter-orientierungssinn-von-fledermaeusen-lokalisiert-der-sechste-sinn-der-saeugetiere-liegt-im-auge.html

English Version: http://www.izw-berlin.de/en/press-release/cryptic-sense-of-orientation-of-bats-localised-the-sixth-sense-of-mammals-lies-in-the-eye.html

Fledermausschutz – Empfehlungen zur Kontrolle von Winterquartieren in Zeiten von Corona

Bitte verzichten Sie in diesem Winter auf Kontrollen!

Eine Übertragung von SARS-CoV-2 auf einheimische Fledermäuse ist zwar sehr unwahrscheinlich, allerdings bislang nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Nordamerikanische Forscher haben versucht die dort heimische „Große Braune Fledermaus“ (Eptesicus fuscus) experimentell mit SARS-CoV-2 unter Laborbedingungen zu infizieren und kamen zu dem Schluss, dass diese Art resistent gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 sei.1  In einer Studie des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) ist es aber gelungen, Flughunde mit dem Virus zu infizieren.2 Auch weitere wissenschaftliche Studien zeigen, dass Fledermäuse neben anderen Säugern anfällig für SARS-COV2 sein könnten.3,4,5 In diesem Zusammenhang sei auch auf die Mutationsfähigkeit des Virus verwiesen. Seien Sie sich auch darüber bewusst, dass Sie bereits ansteckend sein können, bevor sie selbst Symptome an sich feststellen.

Es muss daher unter allen Umstanden verhindert werden, dass eine Übertragung stattfinden und sich ein neues Reservoir von SARS-CoV-2 in Fledermäusen bilden kann. Die Folgen für den Bestand und Schutz europäischer Fledermäuse wären gravierend – dafür möchten Sie sicher nicht verantwortlich sein.

Hinterfragen Sie die tatsächliche Notwendigkeit und verzichten Sie bitte diesen Winter auf die üblichen Kontrollen der Quartiere.

Prüfen sie aber dennoch Zustand der Quartiere: Sind z. B. die Einflüge noch frei und Verschlüsse in Ordnung? Sind vor allem kleine Quartiere wie Bunker durch die geringen Niederschläge zu trocken?

Falls Begehungen dennoch unbedingt erforderlich sind, lassen Sie bitte höchste Vorsicht walten und treffen erweiterte Hygiene-Maßnahmen zum gegenseitigen Schutz und zum Schutz der Fledermäuse:

  • Tragen Sie Handschuhen und mindestens eine partikelfiltrierende FFP2-Maske als Mund-Nasenschutz
  • Betreten Sie das Quartier so kurz und mit so wenigen Personen wie möglich
  • Halten Sie den größtmöglichen Abstand zu den Tieren
  • Wer positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde oder Krankheitssymptome zeigt, darf keine Quartiere betreten!

 

Allgemeine Hinweise zur Kontrolle von Fledermaus-Winterquartieren

Um eine Störung der Fledermäuse während der kritischen Phase des Winterschlafes so gering wie möglich zu halten, müssen einige Richtlinien im Winterquartier befolgt werden:

  • Berühren Sie unter keinen Umständen winterschlafende Fledermäuse.
  • Reduzieren Sie die Beleuchtung und passen die Leistung der Lampen an die Entfernung der Tiere an.
  • Machen Sie so wenig Fotos wie möglich.
  • Vermeiden Sie Geräusche und verhalten sich leise (flüstern, nur einmal vorbeigehen).
  • Bleiben Sie so kurz wie möglich in der Nähe von Fledermäusen und im Allgemeinen im Winterquartier.
  • Atmen Sie nicht unter oder in Richtung von Fledermäusen aus, die sich in Ihrer Nähe befinden.
  • Gehen Sie mit so wenig Personen wie möglich, in Abhängigkeit der Größe, in das Quartier.

 

Bitte zusätzlich beachten:
Ausbreitung des „Salamanderfresser-Pilzes“, eine Gefährdung von Amphibien durch Winterquartierkontrollen?

Seit vielen Jahren fallen Amphibien in der ganzen Welt dem Chytridpilz Batrachochytridium dendrobatidis zum Opfer. Dieser Pilz, der aus den asiatischen Tropen stammt, befällt die Haut vor allem von Froschluchen, verstopft deren Poren und lässt die Hautatmer ersticken. Der neu entdeckte Chytridpilz stellt eine sehr ernst zu nehmende Bedrohung für Feuersalamander, Berg- und Teichmolche dar. Laborversuche hatten zuvor bereits ergeben, dass grundsätzlich alle europäischen Schwanzlurche infiziert werden können und dann innerhalb weniger Wochen sterben.

Auch bei den regelmäßigen Kontrollen der Fledermauswinterquartiere, die häufig in den Überwinterungslebensräumen der Feuersalamander stattfinden, können Sporen des Pilzes verbreitet werden. Zudem kann der direkte Kontakt mit Feuersalamandern zu einer Infektion der Tiere führen.

Daher sind auch Fledermausschützer gefragt, ihre Hygienestandards zu überdenken und das möglichste zu tun, eine weitere Verbreitung des Pilzes zu verlangsamen. Dazu hat die Universität Trier folgende Handlungsempfehlungen herausgegeben:

  • Bsal entwickelt auch widerstandsfähige Dauerstadien, so dass ein Durchtrocknen vermutlich nicht ausreicht. Eine sichere Maßnahme ist damit nach der gründlichen Reinigung (Bodenreste!) die Behandlung mit einem Pilzmittel wie Virkon S. Sowohl durch Bodenreste (z. B. im Profil von Schuhen) als auch durch Wasser/Feuchtigkeit (etwa an Geräten, Schuhen) kann der Pilz verbreitet werden.
  • Vor einem Wechsel zwischen zwei Gewässern (bzw. hier: zwischen zwei möglichen Überwinterungslebensräumen) immer die Stiefel/Wanderschuhe sowie Geräte (z. B. Kescher, Fallen) wechseln oder mit geeignetem Mittel (z. B. Virkon S) nach gründlicher Reinigung mit Wasser desinfizieren
  • Stiefel und Geräte immer nach Gebrauch mit Wasser gründlich reinigen und anschließend gut durchtrocknen lassen

Christian Giese
für den LFA Fledermausschutz NRW

Quellen:

1 (09.12.2020) Hall, Jeffrey S.; Susan Knowles, Sean W. Nashold, Hon S. Ip, Ariel E. Leon, Tonie Rocke, Saskia Keller, Mariano Carossino, Udeni Balasuriya, Erik Hofmeister (2020): Experimental challenge of a North American bat species, big brown bat (Eptesicus fuscus), with SARS‐CoV‐2. Transboundary and Emerging diseases (in press). URL: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/tbed.13949

2 Schlottau, K., M. Rissmann, A. Graaf, J. Schön, J. Sehl, C. Wylezich, D. Höper, T. C. Mettenleiter, A. Balkema-Buschmann, T. Harder, C. Grund, D. Hoffmann, A. Breithaupt, and M. Beer. 2020. SARS-CoV-2 in fruit bats, ferrets, pigs, and chickens: an experimental transmission study. The Lancet Microbe. S2666524720300896.

3 Damas, J., G. M. Hughes, K. C. Keough, C. A. Painter, N. S. Persky, M. Corbo, M. Hiller, K.-P. Koepfli, A. R. Pfenning, H. Zhao, D. P. Genereux, R. Swofford, K. S. Pollard, O. A. Ryder, M. T. Nweeia, K. Lindblad-Toh, E. C. Teeling, E. K. Karlsson, and H. A. Lewin. 2020. Broad host range of SARS-CoV-2 predicted by comparative and structural analysis of ACE2 in vertebrates. Proceedings of the National Academy of Sciences. 202010146.

4 Olival, K. J., P. M. Cryan, B. R. Amman, R. S. Baric, D. S. Blehert, C. E. Brook, C. H. Calisher, K. T. Castle, J. T. H. Coleman, P. Daszak, J. H. Epstein, H. Field, W. F. Frick, A. T. Gilbert, D. T. S. Hayman, H. S. Ip, W. B. Karesh, C. K. Johnson, R. C. Kading, T. Kingston, J. M. Lorch, I. H. Mendenhall, A. J. Peel, K. L. Phelps, R. K. Plowright, D. M. Reeder, J. D. Reichard, J. M. Sleeman, D. G. Streicker, J. S. Towner, and L.-F. Wang. 2020. Possibility for reverse zoonotic transmission of SARS-CoV-2 to free-ranging wildlife: A case study of bats. PLOS Pathogens. 16: e1008758.

5 Yan, H., H. Jiao, Q. Liu, Z. Zhang, X. Wang, M. Guo, B.-J. Wang, K. Lan, Y. Chen, and H. Zhao. 2020. Many Bat Species Are Not Potential Hosts of SARS-CoV and SARS-CoV-2: Evidence from ACE2 Receptor Usage. Ecology.

(16. Dezember 2020) Ist SARS-CoV-2 für Fledermäuse ansteckend? – Ein experimenteller Versuch eine nordamerikanische Fledermausart mit dem Virus zu infizieren ist gescheitert
https://www.deutsche-fledermauswarte.org/ist-sars-cov-2-fuer-fledermaeuse-ansteckend-ein-experimenteller-versuch-eine-nordamerikanischen-fledermausart-mit-dem-virus-zu-infizieren-ist-gescheitert

(20.04.2020) Handlungsempfehlungen für die Arbeit mit Fledermäusen in Zeiten von SARS-CoV-2
https://bvfledermaus.de/wp-content/uploads/2020/04/Handlungsempfehlungen_fuer_die_Arbeit_mit_Fledermaeusen_in_Zeiten_von_SARS-CoV-2.pdf

(06.02.2018) Gefährdung von Amphibien durch Winterquartierkontrollen?
https://www.fledermausschutz.de/2018/02/06/gefaehrdung-von-amphibien-durch-winterquartierkontrollen/

Neue Rote Liste der Säugetiere 2020 erschienen

Bonn, 08. Oktober 2020: Der Zustand vieler Säugetiere in Deutschland hat sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren verschlechtert. Verbesserungen sind dagegen für Arten zu verzeichnen, die von gezielten Natur- und Umweltschutzmaßnahmen profitieren. Knapp ein Drittel der Säugetiere in Deutschland ist in seinem Bestand gefährdet. Das sind Ergebnisse der aktuellen Roten Liste der Säugetiere, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) heute gemeinsam mit dem Rote-Liste-Zentrum (RLZ) vorgestellt hat. Für insgesamt 97 in Deutschland einheimische Säugetiere hatten die Autorinnen und Autoren der nun vorliegenden, nach gut zehn Jahren grundlegend aktualisierten Roten Liste die Bestandssituation und das Ausmaß der Gefährdung ermittelt.

Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Fledermäuse im Vergleich zur Roten Liste aus dem Jahr 2009 und dem Status in NRW mit den Kommentaren zur neuen Roten Liste. [ Lesen Sie mehr… ]

Urteil: Forstwirtschaft in Schutzgebieten nicht ohne Verträglichkeitsprüfung

Oberverwaltungsgericht (OVG Bautzen) und Europäischer Gerichtshof (EuGH) bestätigen per Urteil, das Forstwirtschaft in europäischen Naturschutzgebieten nicht ohne Verträglichkeitsprüfung erfolgen darf!

Oberverwaltungsgericht Bautzen stoppt Forstwirtschaft im Leipziger Auwald

Mit heute den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss vom 09.06.2020 hat das Oberverwaltungsgericht Bautzen (OVG Bautzen) der Beschwerde der Grünen Liga Sachsen e.V. im Verfahren gegen die Stadt Leipzig wegen deren Forstwirtschaftsplanung stattgegeben. Infolge dieser Entscheidung darf die Stadt innerhalb des weiträumig geschützten Leipziger Auwaldes von einigen Maßnahmen der Verkehrssicherung abgesehen keine Fällungen mehr durchführen, bevor sie nicht eine Verträglichkeitsuntersuchung nach Maßgabe der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH-Richtlinie) durchführt.

Die Grüne Liga richtete sich mit ihrer Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Leipzigs (VG Leipzig, Beschluss v. 9.10.2019, Az.: 1 L 1315/18). Das VG Leipzig hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass der streitige Forstwirtschaftsplan 2018 keiner Verträglichkeitsuntersuchung bedarf, obwohl eine massive Entnahme von Holz in nach dem Europarecht streng geschützten Gebieten des Leipziger Auwaldes erfolgen sollte.

Die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB (Würzburg/Leipzig/Hannover/Mainz) hat für die Grüne Liga Sachsen e.V. gegen diesen Beschluss Beschwerde erhoben und nun beim OVG Bautzen Recht bekommen. Denn wie das Gericht betont, darf die forstwirtschaftliche Planung nicht durchgeführt werden, solange nicht im Wege einer Verträglichkeitsprüfung geklärt wird, ob die Baumfällungen auf geschützte Arten und Lebensräume erhebliche Auswirkungen haben. Damit steht auch fest, dass die Stadt diese Verträglichkeitsuntersuchung nicht einfach mit dem Argument umgehen kann, dass diese Baumfällungen dem Erhalt des Leipziger Auwaldes dienen.

„Baumfällung werden keinen Auwald erhalten und sind hierfür nicht notwendig. Dass die langjährigen massiven Eingriffe nun auch gerichtlich gestoppt wurden, sollte nun endlich auch in Leipzig zu einem Umdenken führen“, sagt Tobias Mehnert, Vorsitzender der Grünen Liga Sachsen e.V.

Zuvor hatte die Stadt Leipzig die umstrittenen forstwirtschaftlichen Eingriffe bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung ausgesetzt. Das Gericht hielt die Begründung der Stadt Leipzig für das Unterlassen der gebotenen Verträglichkeitsprüfung, nämlich dass die massiven forstwirtschaftlichen Eingriffe der Verwaltung und Erhaltung des Gebiets dienen würden und daher von der Pflicht zur Durchführung einer habitatschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung befreit wären, für weitgehend nicht überzeugend. Die Grüne Liga hatte dagegengehalten, die Stadt würde ihre forstwirtschaftlichen Maßnahmen ohne geeignete Datengrundlage durchführen und es fehle an der erforderlichen Gewissheit, dass erhebliche Auswirkungen auf Arten und Lebensräume nicht eintreten.

„Dass erst das OVG entscheiden musste, ist erstaunlich, denn bereits im Jahr 2018 hat der EuGH in einem ganz ähnlichen Fall entschieden, dass Forstwirtschaft in europäischen Naturschutzgebieten nicht ohne Verträglichkeitsprüfung erfolgen darf. Aber weder die Stadt Leipzig noch das VG Leipzig wollten anerkennen, dass Forstwirtschaft geeignet sein kann, die Erhaltungsziele von Natura-2000-Gebieten erheblich zu beeinträchtigen. Deshalb freuen wir uns sehr, dass das OVG Bautzen nun Klarheit geschaffen hat und unseren wesentlichen Argumenten gefolgt ist. Die Entscheidung hat bundesweite Signalwirkung, denn nun ist eindeutig, dass auch in Deutschland forstliche Eingriffe in Schutzgebiete einer Verträglichkeitsprüfung bedürfen, die auf einer aktuellen Tatsachengrundlage beruhen muss und alle potentiell negativen Auswirkungen, welche die Forstwirtschaft verursachen kann, entsprechend prüfen muss. Die Bedeutung der heutigen Entscheidung ist deshalb kaum zu überschätzen.“ kommentiert RAin Dr. Franziska Heß, Fachanwältin für Verwaltungsrecht und Partnerin der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, die Entscheidung.

Quelle: Pressemitteilung der Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, Annastraße 28, 97072 Würzburg vom 16. Juni 2020.

Oberverwaltungsgericht Bautzen stoppt Forstwirtschaft im Leipziger Auwald

Einheimische Fledermäuse und SARS-Coronavirus 2

Einheimische Fledermäuse sind nicht mit SARS-CoV 2 infiziert.

In den Medien werden Fledermäuse regelmäßig als der Ursprung des neuartigen humanen Virus SARS-CoV 2 (SARS-Coronavirus 2) bezeichnet. Diese oft reißerische und stark vereinfachte Darstellung eines komplexeren Sachverhalts erzeugt falsche Vorstellungen, grundlose Vorbehalte und zunehmende Antipathien gegenüber einheimischen Fledermäusen. Fledermäuse aufgrund einer vermeintlichen Gesundheitsgefahr zu bekämpfen, ist völlig unbegründet und zudem in Deutschland und in der gesamten EU strafbar.

Hier finden Sie die Fakten:

  1. Einheimische Fledermäuse sind nicht mit SARS-CoV 2 infiziert.
  2. Das humane SARS-CoV 2 ist genetisch eng mit Viren von Wildtieren verwandt, der genaue Ursprung von SARS-CoV 2 oder dessen Vorläufer ist nach wie vor ungeklärt.
  3. Eine Übertragung von SARS-CoV-ähnlichen Viren aus Fledermäusen direkt auf Menschen ist sehr unwahrscheinlich.
  4. Ein Muster vergangener Zoonosen ist die Bedeutung von Massentierhaltungen (z.B. im Falle der Schweinegrippe) und Wildtiermärkten, auf denen Wildtiere lebend, frisch geschlachtet oder zubereitet zum Verkauf angeboten werden.
  5. Fledermäuse aufgrund einer vermeintlichen Gesundheitsgefahr zu bekämpfen, ist völlig unbegründet und strafbar.
  6. Das Naturschutz-Ehrenamt ist mit der universitären und außeruniversitären Forschung eng vernetzt und unterstützt die Wissenschaft.
  7. Es ist unwahrscheinlich, dass Coronaviren aus Fledermauskot eine unmittelbare Gesundheitsgefahr für den Menschen darstellen.
  8. Nach bisherigen Erkenntnissen sind bei SARS-ähnlichen Coronaviren immer Zwischenwirte im Rahmen mehrerer zoonotischer Übergänge notwendig, um einen humanpathogenen Erreger entstehen zu lassen.
  9. Fledermäuse sind weltweit wichtige und unverzichtbare Akteure in Ökosystemen.
  10. Die Wahrscheinlichkeit von zoonotischen Pandemien kann in Zukunft verringert werden, indem der Naturschutz und Tierschutz verbessert werden.

 

  1. Einheimische Fledermausarten sind nicht mit SARS-CoV 2 infiziert. Es konnten zwar verschiedene Coronaviren in heimischen Fledermausarten nachgewiesen werden. Diese sind jedoch nur entfernt mit humanen SARS-Coronaviren verwandt und daher für Menschen irrelevant [3]. Erste Infektionsversuche an Ägyptischen Nilflughunden mit SARS-CoV 2 waren zwar erfolgreich, die Tiere zeigten aber keine Symptome und übertrugen die Infektion nicht effektiv auf ihre Artgenossen [4]. Dies könnte am Umstand liegen, dass die Bindungsregionen des Virus nicht effektiv an entsprechende Rezeptoren der Fledermäuse koppeln [5].
  2. Das humane SARS-CoV 2 ist genetisch eng mit Viren aus dem Tierreich verwandt, der unmittelbare Ursprung von SARS-CoV 2 ist aber nach wie vor nicht zweifellos geklärt. Genetisch ähnliche Viren finden sich beispielsweise bei in China vorkommenden Hufeisennasen (Rhinolophidae) [6] und in Schuppentieren [7]. Es ist wahrscheinlich, dass das Virus zwar in einem Wildtier seinen Ursprung hatte, sich dann aber schrittweise – erst in einem Zwischenwirt und nach der Übertragung auf den Menschen dann im Menschen selbst – so verändert hat, dass es im Menschen Covid-19 auslösen konnte und die Übertragung der Krankheit von Mensch zu Mensch möglich wurde [5].
  3. Eine Übertragung von SARS-CoV-ähnlichen Viren aus Fledermäusen direkt auf Menschen ist sehr unwahrscheinlich. SARS-CoV-ähnliche Viren aus asiatischen Hufeisennasen können nicht in menschliche Zellen eindringen, da Oberflächenproteine von SARS-CoV-ähnlichen Viren nicht effizient an entsprechende Enzyme (humanes ACE2) des Lungenepithels des Menschen binden können [5,8]. Deswegen sind selbst genetisch eng verwandte SARS-CoV-ähnliche Viren, die bei Hufeisennasen gefunden wurden, für Menschen nicht unmittelbar infektiös [5].
  4. Ein Muster vergangener Zoonosen ist die Bedeutung von Massentierhaltungen (z.B. im Falle der Schweinegrippe) und Wildtiermärkten, auf denen Wildtiere lebend, frisch geschlachtet oder zubereitet zum Verkauf angeboten werden. Hier können, wie im Fall von SARS-CoV 1 und sehr wahrscheinlich auch von SARS-CoV 2, Krankheitserreger durch Wirtswechsel schnell mutieren und sich ausbreiten [10]. Durch genetische Untersuchungen am SARS-CoV 1, das bereits vor knapp 20 Jahren in China erstmals auftrat, konnte gezeigt werden, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Schleichkatzen (Viverridae) als Zwischenwirt für ein Fledermausvirus fungierten [9,10]. Von Schleichkatzen ist dieses Virus auf den Menschen übergesprungen (zoonotischer Übergang) und war dann in der Lage, sich von Mensch zu Mensch zu verbreiten.
  5. Fledermäuse aufgrund einer vermeintlichen Gesundheitsgefahr zu bekämpfen, ist völlig unbegründet [11]. Dies ist zudem in Deutschland und in der gesamten EU strafbar. Nicht die Fledermäuse mit ihrer natürlich gewachsenen viralen Vielfalt sind der Kern des Problems [2], sondern der Mensch, der durch seinen Umgang mit den Tieren, sein unbarmherziges Ausbeuten von natürlichen Ressourcen und der damit verbundenen weltweiten Zerstörung intakter Ökosysteme, ein erhöhtes Risiko von zoonotischen Pandemien erzeugt [12].
  6. Das Naturschutz-Ehrenamt ist mit der universitären und außeruniversitären Forschung eng vernetzt und unterstützt die Wissenschaft. Die Erkenntnisse aus der Erforschung der viralen Vielfalt von Fledermäusen, insbesondere nach dem Auftreten von SARS-CoV 1, haben dazu beigetragen, dass in Deutschland bereits kurz nach dem Auftreten von SARS-CoV 2 Testverfahren zum Nachweis infizierter Personen flächendeckend in Laboren zur Verfügung standen, noch bevor überhaupt SARS-CoV 2 Viren in Deutschland auftauchten. Die Ausbreitung der Krankheit Covid-19 konnte daher durch sehr gute Labordiagnostik in Deutschland von Beginn an beobachtet werden [16,17]. Auch weiterhin unterstützt der ehrenamtliche Fledermausschutz die Erforschung von Coronaviren bei Fledermäusen.
  7. Es ist unwahrscheinlich, dass Coronaviren aus Fledermauskot eine unmittelbare Gesundheitsgefahr darstellen. Genetisch können humane SARS-Coronaviren in großen Mengen im Stuhl von PatientInnen nachgewiesen werden [5,8]. In frischem Kot von einheimischen Fledermäusen wurden nur geringe Mengen von verschiedenen Coronaviren (nicht SARS-CoV 2) nachgewiesen [3,18], welche nach bisherigen Kenntnissen für den Menschen nicht gefährlich sind. Dies legt den Schluss nahe, dass von Fledermauskot hinsichtlich Coronaviren keine unmittelbare Gefahr ausgeht. Es sei dennoch darauf hingewiesen, dass beim Umgang mit Fledermauskot immer grundlegende Schutzmaßnahmen beachtet werden sollten, da generell von Wildtieren stammender Kot möglicherweise andere Krankheitserreger beherbergen könnte [19]. Die üblichen Hygienevorschriften sind auf jeden Fall zu beachten.
  8. Nach bisherigen Erkenntnissen sind bei SARS-ähnlichen Coronaviren immer Zwischenwirte im Rahmen mehrerer zoonotischer Übergänge notwendig, um einen humanpathogenen Erreger entstehen zu lassen [5,8]. Jedoch sollte im Aufklärungsgespräch ggf. auf die Möglichkeit einer Übertragung von Tollwutviren durch den Biss einer infizierten Fledermaus hingewiesen werden, denn dies sind die bislang einzig bekannten Viren in Fledermäusen, die Menschen direkt infizieren können. Nach einem Biss durch eine Fledermaus lässt sich durch eine unmittelbare Nachimpfung die Gesundheit des Betroffenen wirksam schützen. Allerdings kommen Fledermäuse in der Regel kaum mit Menschen in Kontakt, da die Tiere scheu sind und im Verborgenen leben. Für Personen, die aufgrund ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit im Fledermausschutz häufig mit Fledermäusen in Berührung kommen, gibt es die Möglichkeit einer Impfung, die wir dringend anraten. An dieser Stelle sei auf die Informationsmöglichkeiten durch das Friedrich-Loeffler-Institut und das Robert-Koch-Institut verwiesen [20,21].
  9. Fledermäuse sind weltweit wichtige und unverzichtbare Akteure in Ökosystemen. Sie regulieren Schadinsekten in der Land- und Forstwirtschaft und sind in subtropischen und tropischen Ökosystemen von besonderer Bedeutung für die Verbreitung von Pflanzensamen und die Bestäubung wichtiger Nutzpflanzen [12,13,14]. Aufgrund ihrer Biologie als fliegende Säugetiere und ihrer besonderen Sozialstrukturen (Fortpflanzungs- und Winterschlafgesellschaften in relativ großen Gruppen) haben sie im Laufe ihrer Evolution Eigenschaften erworben, die Ihnen bei der Eindämmung von Krankheitserregern große Vorteile bieten. Die Wissenschaft steht erst am Anfang, diese Anpassungen zu verstehen und daraus Erkenntnisse zu gewinnen, die für die Human- und Tiermedizin äußerst wertvoll sind.
  10. Die Wahrscheinlichkeit von zoonotischen Pandemien kann in Zukunft verringert werden. Dazu ist es nötig, die Biodiversität in Natur- und Kulturlandschaften wirksamer zu schützen, in denen Tiere vom Menschen ungestört leben können. Dies sollte aus der Einsicht heraus erfolgen, dass intakte Lebensräume, inklusive einer hohen Vielfalt an darin vorkommenden Wildtierarten, langfristig auch für die menschliche Gesundheit wichtig sind. Es ist dringend notwendig, sowohl dem Arten- als auch dem Tierschutz einen höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft zu geben. Darüber hinaus ist es wichtig, die Jagd, den Handel und die Verwendung von Wildtieren mit zoonotischem Potenzial weltweit zu regulieren und stark einzuschränken.

Quellen:

  1. Presseinformationen
    a: Bundesverband für Fledermauskunde Deutschland e.V.: https://bvfledermaus.de/wp-content/uploads/2020/02/2020-BVF-Fledermaeuse-und-Coronaviren-Keine-Angst-vor-Batman.pdf
    b: Fledermaus-Zentrum Bad Segeberg: https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=2614615788664796&id=100003492006117
    c: Koordinationsstellen Fledermausschutz Bayern: https://www.tierphys.nat.fau.de/fledermausschutz
    d: Deutsche Fledermauswarte: https://www.deutsche-fledermauswarte.org/single-post/2020/02/01/Corona-Ausbruch-im-Zusammenhang-mit-Flederm%C3%A4usen
    e: Leibniz-IZW Berlin: http://www.izw-berlin.de/pressemitteilung/informationen-zum-coronavirus-sars-cov-2covid-19.html
  2. López-Baucells A, Rocha R, Fernández-Llamazares Á. 2018 When bats go viral: negative framings in virological research imperil bat conservation. Mam Rev 48, 62–66. (doi:10.1111/mam.12110)
  3. Gloza-Rausch F et al. 2008 Detection and Prevalence Patterns of Group I Coronaviruses in Bats, Northern Germany. Emerg. Infect. Dis. 14, 626–631. (doi:10.3201/eid1404.071439)
  4. Friedrich-Loeffler-Institut 2020: Pressemitteilung vom 03.04.2020. https://www.fli.de/de/presse/pressemitteilungen/presse-einzelansicht/neues-coronavirus-sars-cov-2-flughunde-und-frettchen-sind-empfaenglich-schweine-und-huehner-nicht/
  5. Andersen KG, Rambaut A, Lipkin WI, Holmes EC, Garry RF. 2020 The proximal origin of SARS-CoV-2. Nat Med (doi:10.1038/s41591-020-0820-9)
  6. Zhou P et al. 2020 A pneumonia outbreak associated with a new coronavirus of probable bat origin. Nature 579, 270–273. (doi:10.1038/s41586-020-2012-7)
  7. Lam, T T-Y, et al. (2020). Identifying SARS-CoV-2 related coronaviruses in Malayan pangolins. Nature.
  8. Wang L-F, Shi Z, Zhang S, Field H, Daszak P, Eaton B. 2006 Review of Bats and SARS. Emerg. Infect. Dis. 12, 1834–1840. (doi:10.3201/eid1212.060401)
  9. Guan Y. 2003 Isolation and Characterization of Viruses Related to the SARS Coronavirus from Animals in Southern China. Science 302, 276–278. (doi:10.1126/science.1087139)
  10. Cheng VCC, Lau SKP, Woo PCY, Yuen KY. 2007 Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus as an Agent of Emerging and Reemerging Infection. Clinical Microbiology Reviews 20, 660–694. (doi:10.1128/CMR.00023-07)
  11. Zhao H. 2020 COVID-19 drives new threat to bats in China. Science 367, 1436. (doi:10.1126/science.abb8034)
  12. Schmid J, Rasche A, Eibner G, Jeworowski L, Page RA, Corman VM, Drosten C, Sommer S. 2018 Ecological drivers of Hepacivirus infection in a neotropical rodent inhabiting landscapes with Informationsblatt – Einheimische Fledermäuse und SARS-CoV 2 Seite 6 von 7 various degrees of human environmental change. Oecologia 188, 289–302. (doi:10.1007/s00442-018-4210-7)
  13. Ghanem SJ, Voigt CC. 2012 Increasing Awareness of Ecosystem Services Provided by Bats. In Advances in the Study of Behavior, pp. 279–302. Elsevier. (doi:10.1016/B978-0-12-394288-3.00007-1)
  14. Boyles; JG, Cryan; PM, McCracken; GF, Kunz TH. 2011 Economic Importance of Bats in Agriculture. Science 332, 41–42. (doi:10.1126/science.1201366)
  15. Riccucci M, Lanza B. 2014 Bats and insect pest control: a review. Vespertilio 17, 161–169.
  16. Drosten, C. mdl. Mittlg Coronavirusupdate NDR Podcast, Folge 16 März 2020, https://www.ndr.de/nachrichten/info/Coronavirus-Update-Die-Podcast-Folgen-als- Skript,podcastcoronavirus102.html
  17. Corman, VM, Landt, O, Kaiser, M, Molenkamp, R, Meijer, A, Chu, DK, … & Mulders, DG (2020). Detection of 2019 novel coronavirus (2019-nCoV) by real-time RT-PCR. Eurosurveillance, 25(3).
  18. Fischer, K, Zeus, V, Kwasnitschka, L, Kerth, G, Haase, M, Groschup, MH and Balkema-Buschmann, A (2016). Insectivorous bats carry host specific astroviruses and coronaviruses across different regions in Germany. Infection, Genetics and Evolution 37, 108–116.
  19. Mühldorfer, K (2013). Bats and Bacterial Pathogens: A Review. Zoonoses and Public Health 60, 93–103.
  20. Informationsschrift Friedrich-Löffler-Institut (FLI), Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit:Fledermäuse –Artenschutz und Tollwut, Stand: 20.08.2019.
  21. RKI 2018: Tollwutratgeber vom 23.01.2018. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Tollwut.html
  22. Woelfel, R, et al. 2020. Clinical presentation and virological assessment of hospitalized cases ofcoronavirus disease 2019 in a travel-associated transmission cluster. MedRxiv. doi: https://doi.org/10.1101/2020.03.05.20030502

Pressemitteilung von Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit:
https://www.bmu.de/pressemitteilung/schulze-weltweiter-naturschutz-kann-risiko-kuenftiger-seuchen-verringern/

Fakten-Download als PDF:
Informationsblatt – Einheimische Fledermäuse und SARS-CoV 2
Kurzinfo – Einheimische Fledermäuse und SARS-CoV 2

 

 

Abgesagt: 27. Jahrestagung des LFA Fledermausschutz NRW

25.09.2020: Soeben wurde uns seitens der Stadt Gladbeck mitgeteilt, das die Corona-Schutzmaßnahmen die Ausrichtung der Jahrestagung des LFA Fledermausschutz NRW im Ratssaal nicht zulassen. Wir bedauern das sehr und akzeptieren die Entscheidung.

Die 27. Tagung des LFA Fledermausschutz findet dann hoffentlich am 13.11.2021 in der Biologischen Station Kreis Unna, also in Dortmund statt. Bitte den Termin in den Kalender eintragen.

Euer Team vom LFA Fledermausschutz NRW

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