Auch Fledermäuse als Grund für den Krieg in der Ukraine missbraucht

Das Ukrainisch-Deutsche Forschungsprojekt über Zecken und Flöhe an Fledermäusen wird von Putin als Grund für den Angriff auf die Ukraine missbraucht. Die Forschung sei Teil eines geheimen, vom Westen finanzierten Biowaffenprojekts. Bei den Arbeiten handle es sich um ein ukrainisches Komplott, bei dem mit Unterstützung der Vereinigten Staaten krankheitsverseuchte Vögel, Fledermäuse und Reptilien über die Grenze geschickt würden, um Russen zu infizieren.

Daran kann man deutlich erkennen, wie verzweifelt und hilflos die russische Regierung versucht durch Lügen ihren Krieg zu rechtfertigen.

https://www.science.org/content/article/russians-must-know-it-s-lie-ukrainian-bat-research-spun-false-tale-bioweapons

Spendenaufruf:
Die Mitarbeiter des Ukrainischen Fledermaus Rehabilitationszentrums brauchen Eure Hilfe!
Es handelt sich um das größte Fledermaus Rehabilitations- und Forschungszentrum Europas in der Stadt Kharkiv/Charkiw. Sie betreuen tausende von Fledermäusen und tun dies selbst jetzt noch, trotz permanentem Beschuss und Bombenhagel durch die russischen Streitkräfte.

https://www.betterplace.me/ueberlebenshilfe-fuer-bat-center-in-ukraine-oder-kharkiv

 

Winterschlaf von Fransen- und Wasserfledermäusen: Individualisiertes Langzeit-Monitoring

Individualisiertes Langzeit-Monitoring von sympatrischen Fledermausarten zeigt deutliche art-, geschlechts- und altersspezifische Unterschiede in der Phänologie des Winterschlafs

Hintergrund

Der Winterschlaf ermöglicht es den Arten, Energie zu sparen und so ungünstige Umweltbedingungen zu überbrücken. Gleichzeitig ist der Winterschlaf aber auch mit erheblichen ökologischen und physiologischen Kosten verbunden. Wenn man versteht, wie sich der Zeitpunkt des Winterschlafs innerhalb einer Art und zwischen verschiedenen Arten unterscheidet, kann man Einblicke in die zugrunde liegenden Faktoren für diesen Zielkonflikt gewinnen. Dazu sind jedoch individuelle Langzeitdaten erforderlich, die oft nicht verfügbar sind. Hier haben wir automatische Überwachungstechniken und eine reproduzierbare Analysepipeline eingesetzt, um die individuelle Winterschlafphänologie zweier sympatrischer Fledermausarten zu bewerten. Unsere Studie basiert auf den Daten von mehr als 1.100 mit RFID-Transpondern versehenen Wasserfledermäusen (Myotis daubentonii) und Fransenfledermäusen (Myotis nattereri), die über einen Zeitraum von sieben Jahren in einem Winterquartier in Deutschland gesammelt wurden. Mithilfe linearer gemischter Modelle analysierten wir art-, geschlechts- und altersspezifische Unterschiede in Bezug auf Einflug, Ausflug und die Dauer des längsten ununterbrochenen Aufenthalts im Winterquartier.

Ergebnisse

Insgesamt flogen Wasserledermäuse früher in das Winterquartier ein und kamen später heraus als Fransenledermäuse, was zu einer fast doppelt so langen Überwinterungsdauer führte. Bei beiden Arten flogen die erwachsenen Weibchen früher ein und kamen später aus dem Winterquartier heraus als die erwachsenen Männchen. Die Dauer des Winterschlafs war bei Jungtieren kürzer als bei erwachsenen Tieren, mit Ausnahme der erwachsenen männlichen Fransenfledermäuse, deren Winterschlafdauer von allen Arten am kürzesten war. Schließlich unterschieden sich die Überwinterungszeiten von Jahr zu Jahr, aber die jährlichen Schwankungen bei den Einflug- und Ausflugzeiten waren bei beiden Arten nicht gleich stark ausgeprägt.

Schlussfolgerungen

Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass selbst bei sympatrischen Arten und über alle Geschlechts- und Altersklassen hinweg der Zeitpunkt des Winterschlafs durch die Umweltbedingungen unterschiedlich beeinflusst werden kann. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Untersuchung der Auswirkungen von Umweltveränderungen auf die Phänologie der Überwinterung individuelle Informationen zu berücksichtigen.

 

Published: 28 January 2022
Meier, F., Grosche, L., Reusch, C. et al. Long-term individualized monitoring of sympatric bat species reveals distinct species- and demographic differences in hibernation phenology. BMC Ecol Evo 22, 7 (2022).
Download: https://doi.org/10.1186/s12862-022-01962-6

 

COVID: Handlungsempfehlungen und Hintergründe zur Arbeit mit Fledermäusen

Bitte beachten Sie bei Kontrollen von Winterquartieren, Pflege von Fledermäusen, wissenschaftlicher Forschung und sonstigem Kontakt zu Fledermäusen folgende Handlungsempfehlungen zur Arbeit mit Fledermäusen. Sie finden in dem Download wissenschaftliche Fakten zu häufigen Fragen, aktualisierte Handlungsempfehlungen und Hintergründe zur Arbeit mit Fledermäusen in Zeiten von SARS-CoV 2 (Version 2.0) zur Vermeidung der Übertragung von SARS-CoV 2 von Menschen auf Fledermäuse.

Es besteht ein geringes, aber begründetes Risiko der Übertragung von SARS-CoV 2 von Menschen auf Fledermäuse [35]. Bei allen Aktivitäten zum Schutz und zur Erforschung von Fledermäusen sollte das Risiko einer Übertragung von SARS-CoV 2 auf Fledermäuse auf ein Minimum reduziert werden [3].

Hintergründe und Handlungsempfehlungen zur Arbeit mit Fledermäusen in Zeiten von SARS-CoV 2 – Version 2.0

Um eine Übertragung auszuschließen, fordern wir bei fledermauskundlichen Arbeiten die strikte Einhaltung der bereits etablierten und wirksamen Schutz- und Hygienemaßnahmen, wie das Tragen von Handschuhen und eines Mund-Nasenschutzes. Auf den direkten Kontakt (d.h. Handling) mit Hufeisennasenarten sollte grundsätzlich weitestgehend verzichtet werden (Quartierkontrollen nur mit äußerster Vorsicht), bis aussagekräftige Daten zu ihrer Gefährdung (Ansteckung durch Menschen) vorliegen. Zusätzlich raten wir dringend dazu, dass ausschließlich nur vollständig immunisierte oder PCR-getestete Personen direkt mit Fledermäusen arbeiten.

Wir möchten dabei zu bedenken geben, dass es zu ernsten Konsequenzen für den Fledermausschutz und den Tätigkeiten rund um den Fledermausschutz kommen kann, wenn fahrlässig mit den Tieren umgegangen wird.

  • Fledermauskundler sollten bei engem Kontakt mit den Tieren, bei einer Annäherung von weniger als 2 m zum Tier und bei längerfristigem Aufenthalt. (> 15 min) in kleinräumigen Quartieren ebenfalls einen Mund-Nasenschutz (FFP2-Maske) verwenden.
  • Fledermauskundler, die positiv auf Covid-19 getestet wurden oder Krankheitssymptome zeigen, müssen auf den Kontakt zu den Tieren vollständig verzichten. Überdies sollte eine vollständige Immunisierung gegen SARS-CoV 2 vor der Arbeit mit Fledermäusen erfolgt sein. Falls dies nicht möglich ist, sollte bei engem Kontakt mit Fledermäusen vorher (tagesaktuell) ein PCR-Test durchgeführt werden.
  • Aufgrund der relativ engen Verwandtschaft von SARS-CoV 2 zu Coronaviren in Hufeisennasen sollte der Kontakt zu Hufeisennasen (inkl. Aufenthalt in den Quartieren) auf ein Minimum reduziert werden, bis aussagekräftige Daten zu ihrer Gefährdung (Ansteckung durch Menschen und den sich daraus ergebenden Konsequenzen) vorliegen. Falls ein Kontakt zum Schutz und zur Erforschung der Tiere zwingend erforderlich ist, sollten auch vollständig immunisierte Personen vorher einen entsprechenden Test durchführen.

Treffen sie bei Kontrollen von Winterquartieren erweiterte Hygiene-Maßnahmen zum gegenseitigen Schutz und zum Schutz der Fledermäuse:

  • Tragen Sie einen Mund-Nasenschutz (FFP2-Maske)
  • Betreten Sie das Quartier so kurz und mit so wenigen Personen wie möglich
  • Halten Sie den größtmöglichen Abstand zu den Tieren
  • Machen Sie am Tag der Kontrolle einen Corona-Schnelltest
  • Wer positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde oder Krankheitssymptome zeigt, darf keine Quartiere betreten!

Allgemeine Hinweise zur Kontrolle von Fledermaus-Winterquartieren

Um eine Störung der Fledermäuse während der kritischen Phase des Winterschlafes so gering wie möglich zu halten, müssen einige Richtlinien im Winterquartier befolgt werden:

  • Berühren Sie unter keinen Umständen winterschlafende Fledermäuse.
  • Reduzieren Sie die Beleuchtung und passen die Leistung der Lampen an die Entfernung der Tiere an.
  • Machen Sie so wenig Fotos wie möglich.
  • Vermeiden Sie Geräusche und verhalten sich leise (flüstern, nur einmal vorbeigehen).
  • Bleiben Sie so kurz wie möglich in der Nähe von Fledermäusen und im Allgemeinen im Winterquartier.
  • Atmen Sie nicht unter oder in Richtung von Fledermäusen aus, die sich in Ihrer Nähe befinden.
  • Gehen Sie mit so wenig Personen wie möglich, in Abhängigkeit der Größe, in das Quartier.

Download: https://bvfledermaus.de/wp-content/uploads/2022/01/Informationsblatt-SARS-CoV-2-und-Fledermaeuse-in-Deutschland-2.0.pdf

Quellen:

https://bvfledermaus.de/update-informationsblatt-einheimische-fledermaeuse-und-sars-cov-2/

[3] IUCN SBSG. 2021 IUCN SSC Bat Specialist Group (BSG) Recommended Strategy for Researchers to Reduce the Risk of Transmission of SARS-CoV-2 from Humans to Bats.

[35] Olival KJ et al. 2020 Possibility for reverse zoonotic transmission of SARS-CoV-2 to free-ranging wildlife: A case study of bats. PLoS Pathog 16, e1008758. (doi:10.1371/journal.ppat.1008758)

 

Gefährdung von Amphibien durch Winterquartierkontrollen?

Fledermausschutz – Empfehlungen zur Kontrolle von Winterquartieren in Zeiten von Corona

Räumliches Verhalten und Habitatnutzung von Braunem und Grauem Langohr

Nur wenige Studien befassen sich mit den ökologischen Unterschieden zwischen genetisch nahen und morphologisch fast identischen insektenfressenden Fledermausarten. Diese Informationen sind jedoch für wirksame und nachhaltige Naturschutzstrategien unerlässlich.

Ziel dieser Studie ist es, Unterschiede in der räumlichen Ökologie der Langohrfledermausarten Braunes Langohr (Plecotus auritus) und Graues Langohr (Plecotus austriacus) in einer typischen Kulturlandschaft Brandenburgs zu untersuchen, in der die beiden Arten sympatrisch vorkommen.

Die Rekonstruktion des Beutespektrums ergab, dass sich Braunes Langohr (Plecotus auritus) und Graues Langohr (Plecotus austriacus) in ihrer Ernährung stark überschneiden. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Aufteilung der Ressourcen auf der Nutzung unterschiedlicher Nahrungshabitate beruht. Während die per Funk georteten Weibchen vom Braunen Langohr stark mit Waldgebieten assoziiert waren, was zu kleinräumigen Aktivitätsgebieten von nur wenigen Quadratkilometern führte, umfassten die Aktivitätsgebiete von Grauen Langohr eine großräumige Matrix von Grünlandhabitaten in der Größenordnung einer Kleinstadt.

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse ermitteln wir vorrangige Schutzbedürfnisse für die beiden Arten, um sicherzustellen, dass diese Unterschiede im räumlichen Verhalten und in der Lebensraumnutzung bei künftigen Naturschutzbemühungen angemessen berücksichtigt werden können.

von Nicole Starik, Thomas Göttert und Ulrich Zeller
Animals 2021, 11(12), 3460; https://doi.org/10.3390/ani11123460
Received: 2 November 2021 / Revised: 27 November 2021 / Accepted: 2 December 2021 / Published: 5 December 2021

MDPI and ACS Style
Starik, N.; Göttert, T.; Zeller, U. Spatial Behavior and Habitat Use of Two Sympatric Bat Species. Animals 2021, 11, 3460. https://doi.org/10.3390/ani11123460

AMA Style
Starik N, Göttert T, Zeller U. Spatial Behavior and Habitat Use of Two Sympatric Bat Species. Animals. 2021; 11(12):3460. https://doi.org/10.3390/ani11123460

Chicago/Turabian Style
Starik, Nicole, Thomas Göttert, and Ulrich Zeller. 2021. „Spatial Behavior and Habitat Use of Two Sympatric Bat Species“ Animals 11, no. 12: 3460. https://doi.org/10.3390/ani11123460

Neue Ausgabe „Der Flattermann“ erschienen

„Der Flattermann“ ist das Vereinsorgan der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg e.V. (AGF BW) und erscheint jährlich in gedruckter Form und zum Download.

Aus dem Inhalt:

  • Mausohr-Wochenstuben im RBZ Freiburg – Zählungen und Lichtwirkungen von Sara BAUER
  • Wochenstubenkolonien des Großen Mausohrs im Regierungsbezirk Karlsruhe von Kerstin BACH
  • Großes Mausohr – Bestand und Kontrolle im RP Stuttgart und Tübingen ausschließlich für Wochenstuben-Quartiere vom 01.01.2019-15.10.2021 von Marion KASPAR
  • Das Rätsel um den Erfolg der Auswilderung unserer von Hand aufgezogenen Fledermausjungtiere? von Marion KASPAR
  • Durch Zufall zur ersten Wochenstube der Weißrandfledermaus in Tübingen von Ingrid KAIPF
  • Streifenmahd – eine wichtige Maßnahme zum Insekten- und Fledermausschutz von Christian DIETZ & Isabel DIETZ
  • Ist Lörrach eine „Bat-City“? Kartierung von Fledermausrufen im Stadtgebiet von Julian KEHM
  • Das AGF-Flederhaus 2021: Fledermausfundtiere-Notaufnahme von Ingrid KAIPF
  • Kurzberichte
  • Besprechungen
  • Veranstaltungshinweise
  • Fledermaus-Allerlei

Download: https://www.agf-bw.de/verein/flattermann

Baumquartiere: Maßnahmen bei vorhabenbedingter Zerstörung

Hinweisblatt der Koordinationsstellen für Fledermausschutz in Bayern zu artenschutzrechtlichen Maßnahmen für vorhabenbedingt zerstörte Fledermausquartiere. Das Hinweisblatt bietet für Eingriffsverursacher, Planungsbüros und Genehmigungs- und Fachbehörden eine wichtige Planungsgrundlage. Gleichwohl kann es erforderlich werden, die konkreten Umsetzungshinweise für den Einzelfall anzupassen. Hier sollte eine frühzeitige Abstimmung zwischen dem Planungsbüro und den Naturschutzbehörden erfolgen. Das Hinweisblatt ist als Hilfestellung zu verstehen und weder allgemein- noch behördenverbindlich.

Sind in einem Wald Fledermäuse und Bäume mit Quartierstrukturen (Höhlen, Spalten) vorhanden, ist davon auszugehen, dass alle diese Strukturen essenzielle Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen sind. Denn es kann in der Regel nicht belegt werden, dass ein Quartier nicht genutzt wird. Werden durch Eingriffe Bäume mit Quartierstrukturen beseitigt, müssen daher die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) beachtet werden: Tötungsverbot, Störungsverbot und Schädigungsverbot. Auch eine Entwertung von Quartieren (z. B. wenn künstliches Licht die weitere Nutzung einer Baumhöhle verhindert) entspricht rechtlich einer Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Vermeidungsmaßnahmen, vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF), Maßnahmen zur Minderung der Eingriffsfolgen und populationsstützende Maßnahmen (FCS) verhindern einen Verstoß gegen diese Verbote bzw. reduzieren negative Auswirkungen eines Vorhabens.

Erfassung der Quartiere

Vor dem Eingriff ist stets eine Erfassung potenzieller Quartierbäume und Baumquartiere durch eine fledermauskundlich erfahrene Fachkraft durchzuführen.

Vermeidung einer Zerstörung/Entwertung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten

Eine Zerstörung von Quartieren an/in Bäumen kann vermieden werden durch:

  • Verringerung des Eingriffsbereichs und -umfangs
  • Entlastungschnitt ohne Beeinträchtigung der Quartierstrukturen
  • Köpfen geeigneter, ausschlagfähiger Bäume oberhalb der Quartierstrukturen

Eine Entwertung von Quartierkomplexen durch Eingriffe im Umfeld lässt sich z. B. durch Abschattung der Quartiere (bei Gefahr einer Aufhellung) oder Aufwertung bzw. Neuschaffung angrenzender Jagdhabitate (beim Verlust essenzieller Jagdlebensräume) vermeiden.

Vermeidung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos und / oder einer erheblichen Störung

Für die Fällung von Bäumen mit Quartierstrukturen ist eine Begleitung durch eine Fachkraft erforderlich. Der Umfang der Begleitung hängt von der Jahreszeit ab (Tab. 1) und reicht von einer Einweisung der Fällteams bis
zur Durchführung konkreter Maßnahmen durch die Fachkraft. Ohne nähere Begutachtung sollten Bäume mit Quartierpotenzial nur in den Zeiträumen vom 11.09. bis 31.10. (vorrangig) oder vom 16.03. bis 30.04. gefällt
werden. Ansonsten sind weiterführende Untersuchungen nötig. Sind Quartiere besetzt, bedingt dies in der Regel eine Verschiebung der Fällung. Maßnahmen zur Vermeidung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsund Verletzungsrisikos (Tab. 2) sind zu allen Zeiten erforderlich (z. B. nächtliche Fällung, sanftes Bergen der Quartierstrukturen, Einwegverschluss).

CEF-Maßnahmen

Folgende Maßnahmen eignen sich zum Erhalt der ökologischen Funktion (hier: Quartierverbund) im räumlichen Zusammenhang:

  • Fledermauskästen (nur falls die betroffenen Fledermauspopulationen bereits Kästen nutzen)
  •  Ringeln von Bäumen zur Schaffung von Spaltenquartieren hinter abstehender Rinde
  • Bohrung künstlicher Höhlen in lebende Bäume.

Maßnahmen zur Minderung der Eingriffsfolgen

Im Zusammenhang mit der Beseitigung von Fledermausquartieren eignen sich hierfür:

  • Anbringung von Stammstücken mit bestehenden Quartierstrukturen an Bäumen
  • Lebendverpflanzung von Quartierbäumen
  • Kappen von Bäumen oberhalb von Natur- oder Bohrhöhlen (bei Absterben des Baumes)

FCS-Maßnahmen

FCS-Maßnahmen beziehen sich auf die Populationen der betroffenen Fledermausarten in der biogeografischen Region. Wo eine Zielart bereits Kästen nutzt, aber dennoch Quartiermangel besteht, eignen sich zusätzliche
Kästen. Ist eine Kastennutzung am vorgesehenen Standort nicht belegt, eignen sich die Maßnahmen „Ringeln von Bäumen“ und „Bohren von Baumhöhlen“ in Verbindung mit der Förderung von Spechten, dem Verzicht auf
Nutzung ausreichend großer, älterer Waldbereiche und waldbaulichen Maßnahmen zur dauerhaften Erhöhung des Totholzanteils. Zur Unterstützung von Populationen, die nicht durch das Quartierangebot limitiert werden,
bzw. als Ergänzung neben einer Optimierung der Quartiersituation eignen sich Maßnahmen zur Verbesserung des Nahrungsangebots (Beispiele: Anlage von Extensivweiden, Gewässern, Staudensäumen an Waldrändern,
Vernetzung von Jagdhabitaten, Förderung von Eichen).

Ergänzende forstwirtschaftliche Maßnahmen

Bei allen Maßnahmen, die künstliche oder temporäre Quartiere beinhalten (Kästen, Bohrhöhlen, Anbringung von Stammstücken etc.) sind zusätzlich ergänzende forstwirtschaftliche Maßnahmen erforderlich, um mittelund langfristig ausreichend natürliche Quartiere zu schaffen:

  • Altbäume aus der Nutzung nehmen, möglichst in Gruppen
  • Erhöhung der Bestandsdichte von Spechten als „Baumeister“ natürlicher Quartiere durch Anreicherung von stehendem Totholz durch Ringeln von Stämmen, Kappen von Bäumen etc.

Nur durch die Förderung von Spechten entstehen kurzfristig zusätzliche (!) Höhlen in den aus der Nutzung genommenen Bäumen.

 

Quelle:
ZAHN, A., HAMMER, M. & PFEIFFER, B. (2021): Vermeidungs-, CEF- und FCS-Maßnahmen für vorhabenbedingt zerstörte Fledermausbaumquartiere. Hinweisblatt der Koordinationsstellen für Fledermausschutz in Bayern, 23 S.
Download unter Aktuelles auf: https://www.tierphys.nat.fau.de/fledermausschutz/

Download: https://www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an43205zahn_et_al_2021_cef_massnahmen.pdf

Download: https://www.tierphys.nat.fau.de/files/2021/07/empfehlung_vermeidung_cef_fcs-masnahmen_fledermausbaumquartiere_2021.pdf

Buchtipp: Bat Roosts in Trees A Guide to Identification and Assessment for Tree-Care and Ecology Professionals
https://www.nhbs.com/bat-roosts-in-trees-book

 

Fotofallen: Minimalinvasive Methode für das Monitoring von Winterquartieren

Fotofallen sind ein zunehmend beliebtes Instrument für die ökologische Erforschung und den Schutz der biologischen Vielfalt, aber Studien über ihre Auswirkungen sind auf nur auf einige wenige Säugetierarten beschränkt. In diesem Zusammenhang sind echoortende Fledermäuse besonders interessant, da sie zwar bei der Navigation weniger auf das Sehvermögen angewiesen sind, aber dennoch stark negativ auf konstante Beleuchtung reagieren.

An Winterquartieren können Kamerafallen mit weißem Blitzlicht eine effiziente Methode für die Bestandserhebung bedrohter Fledermausarten sein, aber die möglichen negativen Auswirkungen auf das Verhalten der Fledermäuse sind unbekannt.

In dieser Untersuchung wurde über 16 Wochen lang die Auswirkung von Kamerafallen mit weißem Blitzlicht an vier Winterquartieren, die mit Infrarot-Lichtschranken, Infrarot-Videokameras und Horchboxen ausgestattet sind, untersucht. An jedem Standort wurde das Blitzlicht jede zweite Woche ausgeschaltet. Es wurde quantifiziert, ob das Blitzlicht (1) Einfluss auf die nächtlichen Ein- und Ausflüge hat (verallgemeinerte lineare gemischte Modelle), (2) Einfluss auf die Flugrichtung der einfliegenden Fledermäuse hat (Permutationsanalyse der Varianz), (3) Einfluss auf die Latenzzeit des ersten Echoortungsrufs nach dem Auslösen der Kamerafalle hat (Randomisierung). Darüber hinaus wurden die potenziellen Auswirkungen von Störfaktoren wie Wetter und soziale Interaktionen untersucht.

Insgesamt hatte das weiße Weißes Blitzlicht keinen Einfluss auf die kurz- oder langfristige Fledermausaktivität, Flugrichtung oder das Echoortungsverhalten. Ein Rückgang der nächtlichen Fledermausaktivität wurde lediglich mit einem mit zunehmendem Anteil an Regenstunden festgestellt. Außerdem wurde die Flugrichtung durch die Anwesenheit anderer Fledermäuse, wahrscheinlich aufgrund von Verfolgungs- und Ausweichverhalten beeinflusst.

Die Ergebnisse unterstreichen das Potenzial von durch Lichtschranken ausgelöste Fotofallen mit weißem Blitz, als minimalinvasive Methode zur langfristigen Überwachung von Fledermauspopulationen und zur Beobachtung der artspezifischen Phänologie. Solche automatisierten Überwachungstechnologien können unser Verständnis von langfristigen Populationsdynamik in einem breiten Spektrum von räumlich-zeitlichen Skalen und Taxa verbessern und folglich zum datengestützten Schutz und Management von Wildtieren beitragen.

Quelle:
„Camera traps with white flash are a minimally invasive method for long-term bat monitoring“
Gabriella Krivek, Brian Schulze, Peter Zs. Poloskei, Karina Frankowski, Xenia Mathgen, Aenne Douwes, Jaap van Schaik

First published: 27 October 2021
https://doi.org/10.1002/rse2.243

https://www.researchgate.net/publication/355681157_Camera_traps_with_white_flash_are_a_minimally_invasive_method_for_long-term_bat_monitoring

Beispiel: Video zur Beobachtung des Verhaltens von Fledermäusen aus einem Winterquartier mit Fotofalle und Lichtschranke in Bocholt.

Hohe Gefährdung von jungen Fledermäusen an Windkraftanlagen

Viele Fledermäuse kommen durch Windkraftanlagen zu Tode. Bislang war unklar, ob alle Altersgruppen oder Geschlechter in gleichem Maße gefährdet sind.

Ein Vergleich von Alter, Geschlecht und Herkunft von an Windkraftanlagen getöteten Rauhautfledermäusen mit lebenden Artgenossen in der Nähe der Anlagen zeigt nun, dass Jungtiere überproportional häufig an Windkraftanlagen zu Tode kommen. Weibchen werden häufiger an Windkraftanlagen geschlagen als Männchen – dies entspricht aber ihrem höheren Anteil in den lokalen Beständen. Die hohe Zahl getöteter Jungtiere und Weibchen könnten sich langfristig negativ auf die Bestandsentwicklung auswirken. Deshalb scheint die derzeitige Praxis der Windenergieerzeugung als nicht ökologisch nachhaltig. Die Untersuchung wurde von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) geleitet und ist in der Fachzeitschrift „Ecological Applications“ veröffentlicht.

Der Aufsatz steht hier zum Download zur Verfügung: https://esajournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/eap.2513

Weltweit wird eine große Anzahl von Fledermäusen durch Windkraftanlagen getötet, doch die spezifischen demografischen Folgen der Mortalität durch Windkraftanlagen sind noch unklar. In dieser Studie haben wir die Merkmale der an Windkraftanlagen getöteten Nathusius-Pipistrellus (Pipistrellus nathusii) (N = 119) mit denen der lebenden Population (N = 524) während der Sommermigration in Deutschland verglichen.

Mit Hilfe eines Modells mit verallgemeinerten linearen gemischten Effekten wurden die demografischen Gruppen ermittelt, die am stärksten durch die Mortalität an Windkraftanlagen gefährdet sind, einschließlich Geschlecht, Alter (adulte oder juvenile Tiere) und geografische Herkunft (regionaler oder Langstreckenzieher; dargestellt anhand des Verhältnisses der stabilen Wasserstoffisotope im Fell). Jungtiere trugen mit einem höheren Anteil an Schlagopfern an Windkraftanlagen bei, als angesichts ihrer Häufigkeit in der lebenden Population zu erwarten war, was darauf hindeutet, dass junge Fledermäuse durch die Sterblichkeit an Windkraftanlagen besonders gefährdet sein könnten.

Dieser Effekt variierte mit der Dichte der Windkraftanlagen. Insbesondere bei niedrigen Windkraftanlagendichten, hauptsächlich im Binnenland mit Gewässern und Wäldern, in denen Rauhautfledermäuse reproduzieren, wurden Jungtiere häufiger tot unter den Turbinen gefunden als aufgrund ihrer Häufigkeit in der lebenden Population erwartet.

In Gebieten mit hoher Windkraftanlagendichte, hauptsächlich an Küstenregionen, an denen Rauhautfledermäuse ziehen, waren Adulte und Jungtiere gleichermaßen gefährdet. Wir fanden bei keinem der beiden Geschlechter Hinweise auf eine erhöhte Gefährdung durch Windkraftanlagen, beobachteten jedoch sowohl bei den Schlagopfern als auch in der lebenden Population einen höheren Anteil an Weibchen als an Männchen, was auf einen weiblichen Anteil in der lebenden Population hindeuten könnte, der höchstwahrscheinlich durch Weibchen verursacht wird, die aus ihren nordöstlichen Reproduktionsgebieten nach und durch Deutschland wandern.

Eine hohe Sterblichkeit von Weibchen ist für diese wandernde Fledermausart von Bedeutung, da sie die jährliche Reproduktionsrate der Populationen beeinträchtigt. Eine unverhältnismäßig hohe Gefährdung von Jungtieren an Windkraftanlagen kann die Reproduktion von Jungtieren verringern, was die Widerstandsfähigkeit von Rauhautfledermäusen gegenüber Umweltstressoren wie Klimawandel oder Lebensraumverlust einschränken kann. Maßnahmen zur Reduzierung der Mortalität von Windenergieanlagen, wie z. B. höhere Abschaltgeschwindigkeiten (Cut in), sollten in ganz Europa eingeführt werden, um einen Rückgang der Populationen von Rauhautfledermäusen und anderen wandernden Fledermausarten zu verhindern.

Alle europäischen Fledermausarten reagieren sensibel auf künstliches Licht

– dies variiert jedoch zwischen Artengruppen und Lebensräumen

Die künstliche Erhellung der Nacht durch Lampen gilt als zentrale zivilisatorische Errungenschaft mit unzähligen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Vorteilen für den Menschen. Für viele Tiere stellt jedoch die Erhellung der Nacht eine erhebliche Herausforderung dar. Nachtaktive oder lichtscheue Arten werden gezwungen, auf dunkle Bereiche auszuweichen oder ihr Verhalten an die Helligkeit anzupassen. In einem Aufsatz in der Fachzeitschrift „BioScience“ gibt ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) einen umfassenden Überblick über die Effekte von künstlichem Licht auf europäische Fledermausarten. Es stellt sich heraus, dass insbesondere jene Arten, die in engen Habitaten wie Wäldern jagen, sehr sensibel auf künstliches Licht reagieren. Fledermäuse, die an Waldrändern oder in offenen Gebieten jagen, sind hingegen etwas toleranter gegenüber künstlichem Licht. An Tagesquartieren oder Trinkstellen sind aber alle untersuchten Arten besonders lichtscheu.

Für die Untersuchung analysierten die Wissenschaftler:innen die wissenschaftliche Literatur zur Reaktion von insektenfressenden Fledermäusen auf künstliches Licht bei Nacht (articifial light at night, ALAN). Dabei differenzieren sie nach funktionellen Gruppen von Fledermausarten und nach ökologischen Kontexten. Sie folgten der üblichen Einteilung europäischer Fledermausarten in drei Artengruppen mit einer ähnlichen Lebensweise: Arten die in strukturdichten Habitaten wie Wälder Insekten jagen; Arten, die an Strukturrändern in der Nähe von Objekten nach Insekten suchen (beispielsweise an Gebäuden oder an Waldrändern); sowie Arten, die im offenen Luftraum über Wiesen und Felder, Gewässer oder oberhalb der Baumkronen ihrer Beute nachstellen. Diese Gruppen haben für ihr Jagdhabitat jeweils passende funktionale Eigenschaften, beispielsweise bei der Echoortung oder der Flügelform, entwickelt. Darüber hinaus überprüften die Wissenschaftler:innen in welcher Weise die drei Artengruppen auf künstliches Licht in Abhängigkeit vom jeweiligen Lebensraum (Lage der Tagesquartiere, Flugkorridore, Lage der Jagdgebiete oder Trinkstellen) reagierten.

Die Analysen ergaben ein komplexes, aber konsistentes Bild, so Erstautor PD Dr. Christian Voigt, Leiter der Abteilung für Evolutionäre Ökologie am Leibniz-IZW. „Prinzipiell reagieren alle europäischen Fledermausarten äußerst sensibel auf künstliches Licht, vor allem in der Nähe von Tagesquartieren und Trinkstellen“, so Voigt. „Dies lässt sich damit erklären, dass die Anwesenheit von Fledermäusen an diesen Stellen für Beutegreifer wie Eulen vorhersagbar ist und die Fledermäuse daher dort besonders vorsichtig sind.“ In Flugkorridoren, die beispielsweise Tagesquartiere und Jagdgebiete verbinden, ist die Reaktion variabler. Viele Arten (insbesondere jene, die in Wäldern oder an Strukturrändern jagen) meiden auch hier das Licht und weichen auf Dunkelkorridore aus, wenn künstliches Licht die Nacht erhellt. Andere Arten hingegen lassen sich in solch einer Situation nicht durch künstliches Licht vergrämen, werden durch die Beleuchtung aber auch nicht angezogen. „Bei den Jagdgebieten offenbaren sich zwei unterschiedliche Reaktionsmuster“, sagt Dr. Daniel Lewanzik, Wissenschaftler in Voigts Abteilung und Koautor des Aufsatzes. „Manche Arten, die im offenen Luftraum oder an Strukturrändern jagen, werden vom Insektenreichtum an Lichtquellen angezogen. Man kann sie im Sommer manchmal dabei beobachten, wie sie von einer Straßenlaterne zur nächsten fliegen und dort Insekten jagen. Waldbewohnende Arten hingegen meiden Lichtquellen generell, auch bei der Insektenjagd.“ Für alle Arten gelte, dass bei künstlichem Licht das Risiko, selbst Opfer eines Beutegreifers zu werden, mit den möglichen Vorteilen abgewogen wird – unterschiedliche funktionale Gruppen kommen offenkundig zu unterschiedlichen Ergebnissen bei dieser Abwägung.

Voigt und seine Koautor:innen plädieren dafür, diese differenzierten Erkenntnisse stärker beim Fledermausschutz zu berücksichtigen. Dies bedeute beispielsweise, (potenzielle) Tagesquartiere und Trinkstellen konsequent vor künstlichem Licht zu schützen und Schutzmaßnahmen insbesondere auf jene Arten auszurichten, die auch bei der Jagd keinen Nutzen von Beleuchtung hätten. Da der „Nutzen“ der nächtlichen Beleuchtung  aber auf bestimmte Orte und Tätigkeiten beschränkt ist, würden alle Arten profitieren, wenn die Lichtverschmutzung reduziert würde und Dunkelkorridore (beispielsweise städtische Parks) konsequent dunkel blieben und neue Dunkelinseln in der Stadtlandschaft etabliert würden.

Publikation

Voigt CC, Dekker J, Fritze M, Gazaryan S, Hoelker F, Jones G, Lewanzik D, Limpens HJGA, Mathews F, Rydell J, Spoelstra K, Zagmajster M (2021): The impact of light pollution on bats varies according to foraging guild and habitat context. BioScience, Volume 71, Issue 10, October 2021, Pages 1103–1109, DOI: 10.1093/biosci/biab087

Kontakt

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
im Forschungsverbund Berlin e.V.
Alfred-Kowalke-Str. 17, 10315 Berlin, Germany

PD Dr. Christian Voigt
Leiter der Abteilung für Evolutionäre Ökologie
Tel: +49 30 5168 511
E-Mail: voigt@izw-berlin.de

Dr. Daniel Lewanzik
Wissenschaftler in der Abteilung für Evolutionäre Ökologie
E-Mail: lewanzik@izw-berlin.de

Jan Zwilling
Wissenschaftskommunikation
Tel: +49 30 5168 121
E-Mail: zwilling@izw-berlin.de

Abendsegler im Abwind – Artenschützer aus Europa in Sorge

Der Bundesverband für Fledermauskunde Deutschland e.V. (BVF), der Zusammenschluss von Vereinen, Verbänden und Privatpersonen, als Interessenvertretung der deutschlandweiten Fledermauskunde, lud am 27.11.201 zu einer Online-Veranstaltung zum Thema „Bestandsentwicklung des Großen Abendseglers“ ein. Über 200 Expert:innen aus dem wissenschaftlichen, behördlichen und ehrenamtlichen Umfeld aus Deutschland und Europa diskutierten die Gefährdung des Großen Abendseglers in Deutschland und in angrenzenden Ländern, da sich jüngst Berichte über Bestandsrückgänge mehrten.

Der Große Abendsegler, ist die Fledermausart, die in Deutschland am häufigsten durch Windenergieanlagen (WEA) zu Tode kommt. Pro Jahr werden nach Expertenschätzungen tausende Fledermäuse durch Windräder getötet. Große Abendsegler ziehen ähnlich wie Zugvögel im Frühjahr und Herbst durch Deutschland, so dass nicht nur einheimische Tiere zu Schlagopfern werden, wie Studien gezeigt haben. Vorwiegend Weibchen wandern gen Süden zur Paarung und Überwinterung. Es wurde von massiven Bestandseinbrüchen in den klassischen Überwinterungsgebieten in Südhessen über die letzten 20 Jahre berichtet.

Dr. Christian Voigt vom IZW in Berlin (Institut für Zoo und Wildtierforschung) konnte mit Untersuchungen und Berechnungen zeigen, dass durch die Klimaerwärmung eventuell das Wanderverhalten der Tiere beeinflusst wird. Er prognostiziert eine Verschiebung der Überwinterungsgebiete bis Ende 2100 von bis zu 500 km gen Nordosten. Auch aus Frankreich, Süddeutschland und Österreich wurden Rückgänge bei mehrjährigen Bestandsmonitoring festgestellt.

In Brandenburg – einem der Verbreitungsschwerpunkte der Art in Deutschland – waren die Bestandsentwicklungen insgesamt stabiler. Dieses grundsätzlich erfreuliche Ergebnis darf jedoch nicht über die Einbrüche des beobachteten Bestandes an den Verbreitungsgrenzen, hinwegtäuschen.

Die meisten Referenten konnten Bestandsrückgänge des Großen Abendseglers in den letzten Jahren zeigen und somit die Befürchtungen im Vorfeld der Tagung bestätigen. Sie führten als Gefährdungsursache immer wieder den Betrieb von Windenergieanlagen, aber auch die Zerstörung von Quartieren an Gebäuden z.B. im Rahmen von energetischen Sanierungen an.

Als wichtiger Ansatzpunkt zum Schutz der Fledermäuse wurde diskutiert, dass nach aktuellen wissenschaftlichen Erhebungen 75% aller in Deutschland vorhandenen Windräder derzeit ohne tierschonende Abschaltautomatik betrieben werden. Hier sehen Experten ein erhebliches Potential zum Schutz der Tiere. Aus wissenschaftlicher Sicht scheint der Betrieb von Windkraftanlagensicher nicht der alleinige Grund für die beobachteten Bestandsrückgänge dieser unter europaweiten Schutz stehen Fledermausart zu sein.

Weitere menschgemachte Einflüsse, wie der Rückgang von Nahrungsinsekten durch steigende Lichtimmission oder der Einsatz von chemischen Unkraut- und Insektenvernichtungsmitteln können die Populationen von Fledermäusen mit ihren niedrigen Reproduktionsraten massiv bedrohen und an den Rand des Aussterbens bringen. Fehlen diese wichtigen Tierarten dann im Ökosystem fehlen auch ihre Leistungen, die sie im Naturhaushalt erbringen, z.B. die Kontrolle von Schadinsekten in der Land- und Forstwirtschaft. Das Fehlen dieser Ökosystemdienstleistungen führt dann wiederum zu Kostensteigerungen in der Produktion und zu noch höherem Einsatz von Agrarchemie.

Zusammenfassend hat diese wichtige Zusammenkunft von Expert:innen den hohen Handlungsbedarf für den Artenschutz im Zeichen der Energiewende bekräftigt.

Der BVF nimmt sich seit Jahren dieser Aufgabe an und wird die Ergebnisse der Tagung zusammenfassen, sowie die resultierenden Empfehlungen zum naturverträglichen Betrieb von Windenergieanlagen der Politik und allen betroffenen Akteuren zur Verfügung stellen, um den Schutz des Großen Abendseglers als unverzichtbarer Mitspieler – und Art von besonderer nationaler Verantwortung der BRD – in europäischen Ökosystemen sicherzustellen. Arten- und Klimaschutz sind keine Gegensätze, sondern müssen im Sinne einer auch in Zukunft durch Artenvielfalt und Nachhaltigkeit geprägten Umwelt zusammen gedacht und umgesetzt werden.

Download: Pressemitteilung-Grosser-Abendsegler-im-Abwind.pdf

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